VG Wiesbaden

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Zitieren als:
VG Wiesbaden, Urteil vom 19.12.2007 - 4 E 1199/07(1) - asyl.net: M13430
https://www.asyl.net/rsdb/M13430
Leitsatz:

Auf die 7-Jahres-Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG dürfen gemäß § 102 Abs. 4 AufenthG nur solche Duldungszeiten angerechnet werden, an die sich die Aufenthaltserlaubnis nahtlos anschließt. Unterbrechungen von weniger als einem Jahr können gemäß § 85 AufenthG außer Betracht bleiben.

 

Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Aufenthaltsdauer, Duldung, Altfälle, Zuwanderungsgesetz, Übergangsregelung, Unterbrechung
Normen: AufenthG § 26 Abs. 4; AufenthG § 102 Abs. 2; AufenthG § 85
Auszüge:

Auf die 7-Jahres-Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG dürfen gemäß § 102 Abs. 4 AufenthG nur solche Duldungszeiten angerechnet werden, an die sich die Aufenthaltserlaubnis nahtlos anschließt. Unterbrechungen von weniger als einem Jahr können gemäß § 85 AufenthG außer Betracht bleiben.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu. Der Anspruch scheitert schon daran, dass der Kläger weder im Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besessen hat (§ 26 Abs. 4 AufenthG).

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus § 102 Abs. 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift wird auf die Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG die Zeit des Besitzes einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet. Der Kläger war vor dem 1. Januar 2005 zwar, das ist unstreitig, über fast zehn Jahre im Besitz von Duldungen. Dieser Zeitraum kann aber deshalb nicht angerechnet werden, weil § 26 Abs. 4 AufenthG nach seinem eindeutigen Wortlaut einen ununterbrochenen 7-jährigen Besitz der Aufenthaltserlaubnis verlangt (so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.05.2007, DVBl 2007, 1052). Ausgenommen sind lediglich unbedeutende Unterbrechungen von bis zu einem Jahr (vgl. zur Anwendbarkeit des § 85 AufenthG: Hess. VGH, Beschluss vom 16.07.2007, 11 TP 1155/07, DVBl 2007, 1188). Duldungszeiten bis zum 01. Januar 2005 können danach nur dann angerechnet werden, wenn sich ihnen nahtlos eine Aufenthaltserlaubnis angeschlossen hat oder wenn eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 1. Januar 2005 nach nur unbedeutender Unterbrechung von weniger als einem Jahr, also noch im Jahr 2006, erteilt wurde. Die Vorschrift des § 102 Abs. 2 AufenthG ist deshalb nur für eine Übergangszeit von weniger als einem Jahr ab dem 01. Januar 2005 von Bedeutung. Diese Auslegung ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auch gerechtfertigt. Mit ihr soll nämlich sichergestellt werden, dass diejenigen Ausländer, die durch die Neuregelungen des Aufenthaltsgesetzes erstmals einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis erlangten, während sie bei unverändertem Sachverhalt zuvor nach den Regelungen des Ausländergesetzes lediglich geduldet werden durften, diesen einheitlich zu beurteilenden zusammenhängenden Zeitraum bei der Berechnung der 7-Jahres-Frist angerechnet bekommen. Da Kläger aber erst am 20.04.2006 erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erhielt, dürfen also die Duldungszeiten vor dem 1. Januar 2005 nicht angerechnet werden, weil eine Unterbrechung von mehr als einen Jahr vorliegt, die auch nicht gemäß § 85 AufenthG außer Betracht bleiben darf.