OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Beschluss vom 06.06.2008 - 3 E 3/08 - asyl.net: M13489
https://www.asyl.net/rsdb/M13489
Leitsatz:

Die isolierte Anfechungsklage gegen eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis (hier: Wohnsitzauflage) hat den vollen Auffangstreitwert von 5000 Euro; wenden sich mehrere Familienangehörige gegen Wohnsitzauflagen, so ist der Streitwert entsprechend § 5 ZPO zu addieren, auch wenn die Wohnsitzauflagen inhaltlich gleich sind.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Streitwert, Aufenthaltserlaubnis, Nebenbestimmung, Auflage, Wohnsitzauflage, isolierte Anfechtungsklage, Auffangstreitwert, Familienangehörige, Klagehäufung
Normen: GKG § 52 Abs. 1; GKG § 52 Abs. 2; ZPO § 5
Auszüge:

Die isolierte Anfechungsklage gegen eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis (hier: Wohnsitzauflage) hat den vollen Auffangstreitwert von 5000 Euro; wenden sich mehrere Familienangehörige gegen Wohnsitzauflagen, so ist der Streitwert entsprechend § 5 ZPO zu addieren, auch wenn die Wohnsitzauflagen inhaltlich gleich sind.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung in der Berichterstatterentscheidung des Verwaltungsgerichts, über die der Senat gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch die Einzelrichterin entscheidet (vgl. Senatsbeschl. v. 2.2.2007 - 3 E 44/07 - m.w.N.) hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdeführer nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht beschwerdebefugt, und auch begründet, weil das Verwaltungsgericht den Streitwert für die isoliert gegen die Wohnsitzauflagen zu ihren Aufenthaltserlaubnissen gerichteten Anfechtungsklagen der vier Kläger zu Unrecht auf 10.000 Euro festgesetzt hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschlüsse v. 28.6.2006 - 3 BS 80/06 - und v. 12.2.2002 - 3 BS 238/02), die sich mit der Streitwertpraxis des Bundesverwaltungsgerichts und zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte deckt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07; OVG NW, Beschl. v. 14.12.2007 - 17 E 883/07 - m.w.N.), ist der Streitwert für Klagen gegen die einem Aufenthaltstitel beigefügte Nebenbestimmung nicht - wie das Verwaltungsgerichts angenommen hat - mit dem hälftigen, sondern mit dem vollen Auffangwert anzusetzen. Maßgeblich hierfür ist, dass es an genügenden Anhaltspunkten im Sinne von § 52 Abs. 2 GKG fehlt, welche generell oder im Streitfall dafür sprechen könnten, dass der isolierte Angriff einer Auflage zum Aufenthaltstitel nach der nach § 52 Abs. 1 GKG maßgeblichen Bedeutung der Sache für den Kläger wertmäßig mit lediglich 2.500,00 Euro oder einem anderen Betrag zu bestimmen wäre.

Der danach anzusetzende Auffangwert von 5.000,00 Euro ist für jede der vier Klagen zugrundezulegen und entsprechend § 5 ZPO auf den tenorierten Betrag zusammenzurechnen.

In Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz, in denen - wie hier - mehrere Familienangehörige klagen, errechnet sich der Streitwert durch eine Zusammenrechnung der Werte der geltend gemachten Ansprüche, wenn diese nicht auf einen wirtschaftlich identischen Streitgegenstand gerichtet sind (vgl. Senatsbeschlüsse v. 13.12.2004 - 3 E 254/03 - und v. 22.2.2000 - 3 E 698/99). Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann gegen die Zusammenrechnung der einzelnen Werte nicht eingewandt werden, dass nur ein einheitliches Begehren der Familienangehörigen vorliege, weil den Klägern zu 2. bis 4., die die Kinder der Klägerin zu 1. sind, kein anderer Wohnsitz als derjenige ihrer Mutter zugewiesen werden könne. Denn für eine Zusammenrechnung der einzelnen Werte mehrerer Ansprüche ist nach § 5 ZPO nicht entscheidend, ob diese in materieller Hinsicht voneinander abhängig sind, sondern nur, ob es sich um mehrere handelt. Von einer Zusammenrechnung kann nur dann abgesehen werden, wenn mehrere Ansprüche auf einen wirtschaftlich identischen Streitgegenstand gerichtet sind, was etwa dann der Fall ist, wenn sich mehrere Kläger als Rechtsgemeinschaft oder damit vergleichbar gegen dieselbe behördliche Maßnahme wenden oder dieselbe behördliche Maßnahme erstreben (BVerwG, Beschl. v. 28.1.1991, NVwZ-RR 1991, 669 [670] m.w.N.; vgl. in diesem Sinn auch Ziffer 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Anh § 164 Rn. 14). Vorliegend waren die Rechtsschutzbegehren der Kläger nicht auf einen wirtschaftlich identischen Streitgegenstand gerichtet, weil sie nicht eine behördliche Maßnahme gemeinsam, sondern jeder für sich die ihrem Aufenthaltstitel beigefügte Wohnsitzauflage angefochten haben.