VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.09.2008 - 11 S 2088/08 - asyl.net: M14166
https://www.asyl.net/rsdb/M14166
Leitsatz:

§ 104 a Abs. 1 AufenthG ist nur auf ausreisepflichtige Ausländer anwendbar, deren letzter Rechtsstatus eine Duldung bildete oder die zumindest die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung erfüllten (wie OVG NRW, Beschl. v. 30.07.2008 - 18 B 602/08 - juris).

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Altfallregelung, Duldung
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO entsprechend begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16.07.2008, mit dem sein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sowie gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.03.2008 abgelehnt wurde, bleibt ohne Erfolg.

Der Antragsteller erfüllt nämlich - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat - die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen des § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG schon deshalb nicht, weil er zuletzt keine Duldung, sondern eine Aufenthaltserlaubnis besaß. Nach § 104 a Abs. 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich unter anderem am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat. Begünstigt werden mithin nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur ausreisepflichtige Ausländer, deren letzter Rechtsstatus eine Duldung bildete, oder die zumindest die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung erfüllten (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Stand Januar 2008, § 104 a AufenthG Rn. 8; OVG NRW, Beschl. v. 30.07.2008 - 18 B 602/08 - juris). Darauf gerichtet war auch die gesetzgeberische Absicht. Diese zielt ausweislich der Gesetzesbegründung - vgl. BT-Drucks. 16/5065, S. 201 f. - darauf, dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und integrierten Ausländern nach einer dauerhaften Perspektive Rechnung zu tragen. Zugleich sollte dem Umstand entsprochen werden, dass zahlreiche dieser Ausländer aller Voraussicht nach in nächster Zeit nicht abgeschoben werden konnten. Davon ausgehend dient § 104 a Abs. 1 AufenthG dazu, unter bestimmten Voraussetzungen Ausländern, die sonst weiterhin zu dulden wären, eine Aufenthaltserlaubnis zu vermitteln. Dies bedeutet anders gewendet, dass es aus gesetzessystematischen Gründen unzulässig ist, § 104 a Abs. 1 AufenthG auf Ausländer anzuwenden, denen bereits aus humanitären oder anderen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist (OVG NRW, Beschl. v. 30.07.2008 - 18 B 602/08 - a.a.O.; so auch Hailbronner, AuslR, Stand Februar 2008, § 104 a AufenthG Rn. 4 m.w.N.). Es ist nichts dafür ersichtlich, solchen Ausländern zur Integration eine "zweite Chance" zu gewähren (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 20.11.2007 - 8 ME 108/07 - AuAS 2008, 14).