VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Urteil vom 18.11.2008 - unbekannt - asyl.net: M14925
https://www.asyl.net/rsdb/M14925
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung wegen Unterstützung der ADO in Syrien.

 

Schlagwörter: Syrien, ADO, Unterstützung, herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Verfolgungssicherheit, Inhaftierung, Glaubwürdigkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Flüchtlingsanerkennung wegen Unterstützung der ADO in Syrien.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG. [...]

Gemessen an diesen Maßstäben ist das Gericht nach dem schriftlichen Vorbringen des Klägers und seiner ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2008 davon überzeugt, dass er Syrien aufgrund bestehender politischer Verfolgung verlassen hat und für ihn deshalb der herabgestufte Prognosemaßstab des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie zum Tragen kommt. Nach Einschätzung des Gerichts ist der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien nicht mit hinreichender Sicherheit vor erneuter Verfolgung sicher.

Anders als in dem angefochtenen Bescheid stuft das Gericht das Vorbringen des Klägers als glaubhaft ein. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, ist es zu der Überzeugung gelangt, dass seine Angaben der Wahrheit entsprechen. [...] Es spricht für die Glaubwürdigkeit des Klägers, dass er seine Funktion im Zusammenhang mit der ADO auch im Klageverfahren nicht überhöht und ihr keine hochrangig politische Bedeutung beigemessen hat. [...]

Weiterhin geht das Gericht davon aus, dass es zutrifft, dass der Kläger aufgrund dieses Vorfalls über ein Jahr im Gefängnis festgehalten wurde, ohne dass ein rechtsstaatliches Verfahren gegen ihn eingeleitet worden ist. Nach dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gutachten vom 21. Februar 2008 von Uwe Brocks spielt die ADO als politische Organisation in Syrien zwar keine große Rolle, macht aber sehr wohl "Eigenpropaganda" und tritt für eine demokratische Entwicklung Syriens im weiteren Sinne ein. Soweit man die ADO als politische Partei auffassen könne, sei sie in Syrien verboten, trete allerdings auch nicht als solche explizit in Erscheinung. Gleichwohl ist das Gericht nach den Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass er wegen seiner Botentätigkeit für die ADO ohne rechtliche Begründung der Freiheit beraubt worden ist. Als Assyrer gehört der Kläger zu einer ethnischen Minderheit in Syrien, die politisch überwacht wird. Es liegt im staatlichen Ermessen der Sicherheitsdienste, wann sie gegen die betreffende Person vorgehen. Eine Kontrolle der Sicherheitsdienste etwa durch Gerichte findet nicht statt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Syrien vom 5. Mai 2008). [...]