LSG Schleswig-Holstein

Merkliste
Zitieren als:
LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.12.2008 - L 9 B 415/08 AY ER u - asyl.net: M15039
https://www.asyl.net/rsdb/M15039
Leitsatz:

Kein Anspruch auf Eingliederungshilfe gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 53 ff SGB XII, wenn der Ausländer zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Grundsicherung für Erwerbsunfähige, Eingliederungshilfe, Behinderte, Ausreisepflicht, Ermessen
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; SGB XII § 23 Abs. 1; SGB XII § 53 Abs. 3
Auszüge:

Kein Anspruch auf Eingliederungshilfe gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 53 ff SGB XII, wenn der Ausländer zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

In dem angegriffenen Beschluss ist zutreffend ausgeführt, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Eingliederungshilfemaßnahme nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Verbindung mit §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) habe, denn das Ziel der Eingliederungshilfe, Behinderte in die Gesellschaft einzuführen, gelte nicht für den Kläger, der nach seinem Maßregelvollzug verpflichtet ist, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Der Senat macht sich die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses nach nochmaliger Überprüfung zu eigen und verweist gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die sehr ausführlichen, mit einer Vielzahl von Literaturangaben versehenen Gründe.

Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung ist zu ergänzen: Nicht maßgeblich ist, dass statt des Maßregelvollzugs die Maßnahme in der Einrichtung Wohnhaus S. des K F. die öffentliche Hand von Kosten entlastet, denn maßgeblich für eine Eingliederungshilfemaßnahme ist deren Erforderlichkeit. Die Erforderlichkeit einer Eingliederungsmaßnahme für jemanden, der die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar nach Ende des Vollzugs verlassen muss, ist nicht gegeben, wie in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt ist.

Nicht nachzuvollziehen ist das Vorbringen, der Gesetzgeber habe gerade einzelne Bereiche des SGB XII nicht aus dem Leistungskatalog der Berechtigten nach dem AsylbLG herausgenommen, so dass auch Eingliederungshilfe zu gewähren ist. Vielmehr sind nach § 9 Abs. 1 AsylblG die Leistungen nach diesem Buch keine solchen des SGB XII. Lediglich nach § 2 AsylbLG werden nach dem SGB XII in besonderen Ausnahmefällen Leistungen entsprechend dem SGB XII gewährt. In § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden bestimmte Leistungen aufgeführt, die auch Ausländern zu gewähren sind. Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII können im Übrigen Sozialhilfeleistungen entsprechend gewährt werden. Demzufolge stehen nicht alle Leistungen des SGB XII den Berechtigten nach dem AsylbLG unmittelbar zur Verfügung, sondern abgesehen von den Pflichtleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII stehen alle übrigen Leistungen im Ermessen der Behörde. Insoweit ist insbesondere bei Eingliederungsmaßnahmen zu berücksichtigen, dass es nach § 53 Abs. 3 SGB XII die besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs- oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Es ist aber gerade nicht Ziel der Eingliederungshilfe, jemanden, der umgehend auszureisen hat, einen weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren, damit er eine Eingliederungshilfemaßnahme durchführen kann.

Dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist ebenfalls nicht darin zu folgen, dass kein Ermessen ausgeübt worden sei. Vielmehr ist im Ausgangsbescheid vom 11. Juli 2007 und im Widerspruchsbescheid vom 8. November 2007 die Einzelsituation des Antragstellers berücksichtigt worden. Insbesondere ist im Widerspruchsbescheid hervorgehoben worden, dass der Antragsteller aufgrund seiner Drogenproblematik und der wiederholten Straffälligkeit nicht in die Gesellschaft integriert und es daher auch nicht erforderlich ist, Integrationsmaßnahmen nunmehr durchzuführen. Dem schließt sich der Senat an. [...]