VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.03.2009 - 11 S 3249/08 - asyl.net: M15626
https://www.asyl.net/rsdb/M15626
Leitsatz:

Es ist zweifelhaft, ob die vom EuGH für das Diskriminierungsverbot des Europa-Mittelmeer-Abkommens entwickelte Rechtsprechung zur "überschießenden Arbeitsgenehmigung" auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 10 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei Nr. 1/80 übertragbar sind; das Erlöschen der Arbeitsgenehmigung lässt Ansprüche nach dem Diskriminierungsverbot entfallen.

Schlagwörter: D (A), vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Abänderungsantrag, Fristen, Drei-Monats-Frist, Anwendbarkeit, Europa-Mittelmeer-Abkommen, EuGH, Rechtsprechung, Türken, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Arbeitserlaubnis, Erlöschen, Aufenthaltstitel, Diskriminierungsverbot, unbefristete Arbeitsberechtigung, Zuwanderungsgesetz, Vertrauensschutz
Normen: VwGO § 80 Abs. 7; VwGO § 80 Abs. 5; VwGO § 80b Abs. 1; ARB Nr. 1/80 Art. 10 Abs. 1; Europa-Mittelmeer-Abkommen Art. 64 Abs. 1; SGB II § 288 Abs. 1 Nr. 5; ArGV § 8 Abs. 1 Nr. 1; ArGV § 5
Auszüge:

[...]

Der Abänderungsantrag ist zwar nach 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. [...]

Der Senat ist als Gericht der Hauptsache zur Entscheidung über den Abänderungsantrag berufen, da das Berufungsverfahren über die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Heilbronn vom 14.02.2006 bei ihm anhängig ist (11 S 562/08). Der Zulässigkeit des Abänderungsantrags steht auch nicht entgegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage im – hier gegebenen – Falle der Abweisung der Anfechtungsklage im ersten Rechtszug nach § 80 b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels endet und diese Frist zum Zeitpunkt der Stellung des Abänderungsantrags bereits verstrichen war. Denn § 80 b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO ist nur anwendbar, wenn bei Klageabweisung in erster Instanz die aufschiebende Wirkung bereits bestanden oder die Behörde die Aussetzung der Vollziehung verfügt hat, nicht aber, wenn es – wie hier – darum geht, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs während des Rechtsmittelverfahrens erstmals anzuordnen (vgl. Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 4. Auflage, § 80 b Rn. 7; Schoch in Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, VwGO, § 80 b Rn. 16). Der Senat unterstellt zugunsten des Antragstellers im übrigen, dass der dem Abänderungsantrag zugrunde liegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch in Bezug auf die Ablehnungsentscheidung in der Verfügung des Landratsamts statthaft ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20.11.2007 - 11 S 2364/07 - ESVGH 58, 142), insbesondere dass sie auch insoweit i.S. des § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ist, als der von der Behörde abgelehnte Verlängerungsantrag nicht – auch – auf die "Erteilung" eines konstitutiven Aufenthaltstitels, sondern auf "Ausstellung" einer lediglich feststellenden (st. Rspr. vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16.03.2000, Rs. C-329/97 Ergat Slg. 2000, I1487, Rn. 61, 62) Aufenthaltserlaubnis zum Nachweis eines Aufenthaltsrechts nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei gemäß § 4 Abs. 5 AufenthG zielt (vgl. zur Anwendung der §§ 81, 84 Abs. 1 AufenthG auch in diesen Fällen OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.04.2008 - 18 B 291/08 - InfAuslR 2008, 290; a. A. OVG Hamburg, Beschluss vom 09.05.2007 - 4 Bs 241/06 - NVwZ-RR 2008, 60; VG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2006 - 9 K 2044/05 juris). Insoweit dürfte entgegen der Ansicht des Antragsgegners ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers auch nach dessen - erzwungener - Ausreise grundsätzlich zu bejahen sein. Ob das auch hinsichtlich der Vollziehbarkeit der durch die Ausreise möglicherweise erledigten Abschiebungsandrohung gilt, die zwar nicht Gegenstand des mit der Berufung angefochtenen Urteils, wohl aber des bislang unbeschiedenen Widerspruchs ist, erscheint zweifelhaft, kann aber letztlich offen bleiben. Denn der Abänderungsantrag hat ungeachtet dessen jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller macht als veränderten Umstand - nur - "neue Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur aufenthaltsrechtlichen Bedeutung der Arbeitsberechtigung türkischer Arbeitnehmer" geltend. Damit bezieht er sich erkennbar auf die von ihm zur Begründung seiner Berufung angeführten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 26.10.2006, Rs. C-4/05 - Güzeli - (Slg. 2006, I-10279) und vom 14.12.2006, Rs. C-97/05 - Gattoussi - (Slg. 2006, I-11917) sowie das daran anknüpfende Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.07.2008 - 13 S 708/08 - (VBlBW2009, 112) und seinen Vortrag im Berufungsverfahren, wonach ihm jedenfalls aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ein Recht auf weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gemäß der Arbeitsberechtigung vom 03.01.2003 zustehe. Zwar handelt es sich dabei um höchstrichterliche und obergerichtliche Entscheidungen zur Klärung umstrittener europarechtlicher Fragen, die erst nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangen sind. Sie gebieten im Fall des Antragstellers aber jedenfalls derzeit keine abweichende Entscheidung zur aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs mit Wirkung für die Zukunft.

Zunächst erscheint die Richtigkeit der Schlussfolgerung des Antragstellers nicht zwingend, aus den genannten Urteilen des EuGH ergebe sich, dass ihm nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ein Recht auf weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gemäß der Arbeitsberechtigung vom 03.01.2003 zustehe. Der Ausgang des Berufungsverfahrens ist insoweit vielmehr als offen anzusehen.

Im Urteil vom 14.12.2006 in der Rechtssache Gattoussi hat der EuGH Fragen zur Auslegung des Diskriminierungsverbots nach Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien vom 26.01.1998 beantwortet, die sich bei der Rechtmäßigkeit der nachträglichen Verkürzung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis eines tunesischen Staatsangehörigen stellten, dem vor dem 01.01.2005 eine unbefristete Arbeitsgenehmigung erteilt worden war und der einer Beschäftigung nachging. Der EuGH hat anknüpfend an sein Urteil vom 02.03.1999 in der Rechtssache C-416/96 - Nour - Eddline El-Yassini (Slg. 1999, I1-209) zum Diskriminierungsverbot nach Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens mit Marokko vom 27.04.1976 entschieden, Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien sei dahin auszulegen, dass er Wirkungen auf das Recht eines tunesischen Staatsangehörigen entfaltet, sich im Gebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten, wenn dieser Staatsangehörige vom Aufnahmemitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalten hat, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben. Auf solche aufenthaltsrechtlichen Wirkungen beruft sich auch der Antragsteller unter Hinweis auf das - unmittelbar anwendbare (EuGH, Urteil vom 08.05.2003, Rs. C-171/01 - Wählergruppe Gemeinsam - Slg. 2003, I-4301, Rn. 57; Urteil vom 25.07.2008, Rs. C-152/08 - Real Sociedad de Fútbol SAD und Nihat Kahveci - Rn. 29) - vergleichbare Diskriminierungsverbot nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 sowie seine unbefristete Arbeitsberechtigung vom 03.01.2003.

Es ist jedoch fraglich, ob die Schlussfolgerungen, die der EuGH bei der Auslegung der Diskriminierungsverbote nach Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien und nach Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens mit Marokko gezogen hat, ohne Weiteres auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 und die Fallgestaltung des Antragstellers übertragen werden können. Dagegen könnte vor allem der Unterschied in der Systematik des Assoziationsratsbeschlusses einerseits und der Abkommen mit Tunesien und Marokko andererseits sprechen. Denn diese Abkommen enthalten keine dem Art. 6 ARB 1/80 entsprechende oder ähnliche Vorschrift, wonach türkische Wanderarbeitnehmer abhängig von der Dauer der Ausübung ordnungsgemäßer Beschäftigung im Lohno- der Gehaltsverhältnis genau festgelegte Rechte beanspruchen können, die bezwecken, sie allmählich in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats einzugliedern (so ausdrücklich der Schlussantrag des Generalanwalts vom 23.03.2006 in der Rechtssache Güzeli, Rn. 55, mit dem er sich gegen die Anwendung von Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ausspricht). Allerdings hat der EuGH diesen Einwand in seinem Urteil vom 26.10.2006 in der Rechtssache Güzeli ohne nähere Auseinandersetzung übergangen. Er hat im Hinblick auf einen im konkreten Fall in Rede stehenden Arbeitgeberwechsel unter Verstoß gegen eine aufenthaltsrechtliche Auflage vielmehr vorrangige- vom vorlegenden VG Aachen nicht gestellte - Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und 2 ARB 1/80 beantwortet (Rn. 1846). Zu Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 hat er sich ohne auf Details der auf die deutsche Rechtslage zum Beschäftigungs- und Aufenthaltsrecht zugeschnittenen Vorlagefragen des VG Aachen einzugehen auf die knappe Aussage beschränkt, Ansprüche nach dieser Bestimmung setzten ebenso wie solche nach Art. 6 ARB 1/80 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt voraus (Rn. 48) und erst bei Bejahung dieser Voraussetzung stelle sich die Frage, ob sich der Betroffene auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 berufen könne (Rn. 51). Sodann hat er nur noch festgestellt, der Kläger des Ausgangsverfahrens berufe sich insoweit auf die in der Rechtssache Nour Eddline El-Yassini als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens mit Marokko bezeichnete Fallgestaltung, dass der Aufnahmemitgliedstaat dem Arbeitnehmer in Bezug auf die Ausübung einer Beschäftigung weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen habe (Rn. 52), um abschließend auszuführen, es sei "Sache des vorlegenden Gericht, festzustellen, ob eine solche Fallgestaltung im Ausgangsverfahren vorlag, wobei insbesondere die Verurteilung von Herrn Güzeli wegen Verstoßes gegen die in seiner Aufenthaltserlaubnis enthaltenen Auflagen zu berücksichtigen" sei (Rn. 53). Diese "Zurückverweisung" an das vorlegende Gericht könnte allerdings darauf hindeuten, der EuGH sei damit stillschweigend von der Übertragbarkeit der in der Rechtssache Nour Eddline El-Yassini entwickelten Rechtssätze auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ausgegangen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.07.2008, a.a.O.). In Anbetracht der mangelnden Auseinandersetzung mit dem im Schlussantrag zu Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 vorgetragenen systematischen Einwand sowie der Tatsache, dass sich auch die konkreten Antworten des EuGH auf das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Güzeli nicht auf Art. 10 Abs. 1, sondern nur auf Art. 6 Abs. 1 und 2 ARB 1/80 beziehen, erscheint es aber fraglich, ob die Frage nach der Übertragbarkeit der in den Rechtssachen Nour Eddline El-Yassini und Gattoussi entwickelten Rechtssätze auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 vom EuGH bereits hinreichend klar und abschließend entschieden ist.

Ungeachtet dessen bedeutete die Übertragung der zu den Diskriminierungsverboten nach Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien und nach Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens mit Marokko entwickelten Rechtssätze auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 aber auch nicht zwangsläufig, dass die Versagung eines weiteren Aufenthaltsrechts für den Antragsteller gegen Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 verstieße. Das wäre nach den Ausführungen unter Rn. 52 und 53 des Urteils in der Rechtssache Güzeli vielmehr nur der Fall, wenn die vom EuGH in der Rechtssache Nour Eddline El-Yassini als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot beschriebene Fallgestaltung vorläge, dass der Aufnahmemitgliedstaat dem Arbeitnehmer in Bezug auf die Ausübung einer Beschäftigung weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.1999, a.a.O. Rn. 64). Das ist beim Antragsteller nach der innerstaatlichen Rechtslage aber zweifelhaft. Denn nach deutschem Recht hat eine vor dem 01.01.2005 erteilte unbefristete Arbeitsberechtigung kein von einem befristeten Aufenthaltsrecht unabhängiges, gleichsam überschießendes Recht auf Fortsetzung einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erlischt die Arbeitsberechtigung vielmehr kraft Gesetzes gemäß § 288 Abs. 1 Nr. 5 SGB III i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 der auch nach dem 31.12.2004 fort geltenden Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17.09.1998 (zuletzt geändert durch Art. 7 Abs. 3 des Gesetzes vom 21.12.2008, BGBl. I S. 2917) - ArGV -, wenn der Ausländer keine der in § 5 ArGV bezeichneten Voraussetzungen mehr erfüllt, die auf ein vorläufiges Bleiberecht im Bundesgebiet Rücksicht nehmen und dem Ausländer die Fortsetzung seiner Beschäftigung nur bis zur Beendigung des Aufenthalts erlauben sollen (BVerwG, Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 18.02 - BVerwGE 118, 249 und Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 32.02 - InfAuslR 2004, 54). Danach wäre die Arbeitsberechtigung des Antragstellers bereits vor seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet erloschen. [...]

Allerdings wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung im Anschluss an das Urteil des EuGH in der Rechtssache Gattoussi die Ansicht vertreten, die Auslegung des nationalen deutschen Arbeitsgenehmigungsrechts nach Maßgabe der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.07.2003 (a.a.O.) lasse die Rechtsprechung des EuGH zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen deutscher Arbeitserlaubnisse und -genehmigungen "leerlaufen" (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.09.2007 - 13 S 1059/07 - InfAuslR 2008, 3 und Urteil vom 10.07.2008, a.a.O.) bzw. "höhle" die praktische Wirksamkeit des Diskriminierungsverbots nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 "aus" (OVG Hamburg, Urteil vom 29.05.2008 - 4 Bf 232/07 - juris). Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, dass der EuGH es gerade ausdrücklich als "Sache des vorlegenden Gerichts" ansieht, festzustellen, ob der Aufnahmemitgliedstaat dem Betroffenen in Bezug auf die Ausübung einer Beschäftigung weitergehende Rechte verliehen hat (vgl. Urteil vom 26.10.2006, a.a.O., Rn. 53; ebenso bereits im Urteil vom 02.03.1999, a.a.O., Rn. 64). Aus dem Urteil in der Rechtssache Gattoussi folgt möglicherweise schon deshalb nichts Anderes, weil der EuGH aufgrund der Vorlageentscheidung des nationalen Gerichts davon ausging, der Betroffene habe aufgrund seiner unbefristeten Arbeitsgenehmigung, die ihm "weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen" habe, unter vergleichbaren Umständen wie in der Rechtssache Nour Eddline El-Yassini darauf vertrauen dürfen, über die Geltungsdauer seiner befristeten Aufenthaltserlaubnis hinaus zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt zu sein (vgl. Rn. 30, 39, 42). Diese Annahme dürfte jedoch - wie dargelegt - gerade nicht der innerstaatlichen deutschen Rechtslage entsprechen. Dementsprechend halten andere Obergerichte auch an der bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.06.2007 - 18 B 722/07 - InfAuslR 2007, 331, BayVGH, Beschlüsse vom 13.02.2008 - 10 ZB 07.3197 - und vom 26.01.2007 - 24 C 06.3378 - juris).

Ungeachtet dessen stellt sich im Hinblick auf einen möglichen Vertrauensschutz im übrigen auch die Frage, wie sich der mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 eingetretene Systemwandel beim Beschäftigungsrecht ausländischer Arbeitnehmer "vertrauensmindernd" auswirkt. Denn die Arbeitsberechtigung galt ab diesem Zeitpunkt aufgrund der Übergangsregelung in § 105 Abs. 2 AufenthG möglicherweise nur noch als uneingeschränkte Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung (vgl. § 39 AufenthG) fort und das Recht des Antragstellers zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergab sich ab diesem Zeitpunkt deshalb möglicherweise nur noch aus seiner nach § 101 Abs. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG fort geltenden befristeten Aufenthaltserlaubnis (vgl. § 28 Abs. 5 AufenthG).

Allen diesen Fragen wird der Senat im Berufungsverfahren gegebenenfalls nachzugehen haben. Allerdings wird insoweit möglicherweise zunächst die noch für dieses Jahr angekündigte Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Urteil des OVG Hamburg vom 29.05.2008 (a.a.O.) im Verfahren 1 C 16.08 abzuwarten sein (vgl. bverwg.de: "Presseinformation" "Wichtige Verfahren im laufenden Jahr"). [...]