VG Magdeburg

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Zitieren als:
VG Magdeburg, Urteil vom 05.01.2010 - 7 A 875/08 MD - asyl.net: M16677
https://www.asyl.net/rsdb/M16677
Leitsatz:

Kein Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung, da die Gründe für die Anerkennung nicht dauerhaft entfallen sind (vorverfolgter PKK-Sympathisant aus der Türkei).

Schlagwörter: Widerrufsverfahren, Türkei, Kurden, PKK, Beendigungsklausel
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1, GFK Art. 1 C Nr. 5 S. 1
Auszüge:

[...]

Die Gründe, die dazu führten, dass dem Kläger Abschiebungsschutz zugesprochen wurde, sind nicht dauerhaft entfallen. Der Kläger ist vorverfolgt ausgereist. Er hat - nach den bindenden Feststellungen im Urteil der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 10. Februar 1999 - im Jahre 1997 anlässlich des Newrozfestes Foltermaßnahmen erlitten und ist verfolgungsbedingt ausgereist.

An diesen Feststellungen, die den konkreten Einzelfall betreffen und die bis zum heutigen Tage die Verfolgungsfurcht des Klägers begründen, hat sich nichts geändert. Der Kläger, der ein gesichertes, vom Ausgang des Verfahrens unabhängiges Aufenthaltsrecht besitzt, hat seine subjektive Verfolgungsfurcht in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert. Er hat Wert auf die Feststellung gelegt, dass er aus Furcht vor (erneuter) Folter die Türkei seit 12 Jahren nicht mehr besucht hat.

Diese subjektive Furcht vor erneuter Folter ist nicht nur verständlich und nachvollziehbar, sondern objektiv belegbar. "Aufgrund der innenpolitischen Spannungen sind in den letzten beiden Jahren allerdings kaum noch größere Reformfortschritte zu verzeichnen" (Auswärtigen Amtes vom 11. September 2008, Seite 5). Die Zahl der Foltervorwürfe hat sich seit 2007 wieder erhöht (Auswärtigen Amtes vom 11. September 2008, Seite 25). Außerdem "ist die Strafverfolgung von Foltertätern immer noch unbefriedigend" (Auswärtigen Amtes vom 11. September 2008, Seite 5). An dieser unbefriedigenden Bilanz hat sich bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) noch nichts Wesentliches geändert. Im Lagebericht vom 29. Juni 2009 stellt das Auswärtige Amt fest: "Insgesamt werden jedoch Personen, die verdächtigt werden, Misshandlungen oder Folter begangen zu haben, noch nicht in ausreichendem Maße verfolgt." Von daher lässt sich aufgrund des Misstrauens der türkischen Sicherheitskräfte die Gefahr nicht ausschließen, dass der Kläger bei einer Rückkehr in die Türkei (erneut) sicherheitsrelevanten Ermittlungen ausgesetzt wäre, weil immer noch bestraft wird, wer die PKK unterstützt oder in der Öffentlichkeit Positives über die PKK und ihren (ehemaligen) Anführer Abdullah Öcalan sagt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. Juni 2009, Seite 8). [...]