VG Frankfurt/Oder

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Zitieren als:
VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 16.09.2010 - VG 5 L 233/10 - asyl.net: M17651
https://www.asyl.net/rsdb/M17651
Leitsatz:

Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wegen des Verdachts einer "Scheinehe" nach diversen erfolglosen Vorortkontrollen durch die Behörde. Ausführungen zur Aufklärungspflicht der Behörde und zum Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, Verlängerungsantrag, familiäre Lebensgemeinschaft, eheliche Lebensgemeinschaft, Widerspruchsverfahren, Suspensiveffekt, Schutz von Ehe und Familie, Scheinehe, Zweckehe
Normen: AufenthG § 27 Abs. 1, AufenthG § 30 Abs. 1, GG Art. 6
Auszüge:

[...]

Ausgehend von diesen Grundsätzen lassen die bisherigen Feststellungen des Antragsgegners nicht mit der erforderlichen Sicherheit den Schluss zu, dass die Antragstellerin mit ihrem Ehegatten keine eheliche Lebensgemeinschaft führt. Dies ergibt sich insbesondere nicht zwingend aus den mehrfachen Vorortkontrollen. [...]

Im Übrigen konnten die Angaben des Vermieters bzw. dessen Tochter, dass sich die Antragstellerin und ihr Ehemann durchaus in der Wohnung - meistens am Wochenende bzw. ca. alle 14 Tage - aufhielten, nicht widerlegt werden, zumal der Antragsgegner die Antragstellerin und deren Ehemann am Wochenende gerade nicht in der fraglichen Wohnung aufgesucht hat. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang nochmals, dass die nähere Ausgestaltung der ehelichen Gemeinschaft zur geschützten Privatsphäre der Ehepartner gehört. Demzufolge ist ein Zusammenleben in der ehelichen Gemeinschaft auch in der Weise möglich, dass einer der Ehegatten aus beruflichen Gründen einen Nebenwohnsitz unterhält und das Ehepaar nur an Wochenenden. oder zu sonstigen Zeiten gemeinsam in der Ehewohnung zusammentrifft, ohne dass zugleich die eheliche Gemeinschaft entfiele (vgl. auch Beschluss der Kammer vom 21. September 2004 - 5 L 170/04 - S. 11 ff. des Beschlussausdrucks). [...]

Bei der letzten Kontrolle am 21. Juli 2010 gegen 17.15 Uhr stellten die Mitarbeiter des Antragsgegners fest, dass sich am Briefkasten und an den Klingeln die Namen der Antragstellerin und ihres Ehemannes befanden. Durch das angekippte Fenster sei zu erkennen gewesen, dass die Wohnung eingerichtet gewesen sei. Auf dem Wohnzimmertisch habe ungeöffnete Post gelegen. Der Vermieter habe erklärt, dass ... jeden Tag die Wohnung aufsuche. ... sehe er nicht, da dieser sein Geschäft in Erkner spät schließe. Ob die Wohnung bewohnt werde, habe nicht festgestellt werden können.

Dass keine eheliche Lebensgemeinschaft in einer gemeinsamen Ehewohnung geführt wird, ergibt sich auch aus den Feststellungen anlässlich der vierten und fünften Kontrolle nicht zwingend. Allgemein ist dem Antragsgegner entgegenzuhalten, dass die Vorortkontrollen werktags und offenbar zu Uhrzeiten erfolgten, zu denen mit einem Antreffen der (ab Ende April 2010) in Berlin arbeitenden Antragstellerin und ihres in Erkner tätigen Ehegatten nicht gerechnet werden konnte. Dass sich beide Ehepartner an den o.g. Tagen wegen ihrer beruflichen Tätigkeit nicht in der ehelichen Wohnung aufgehalten haben, erscheint daher nicht auffällig.

Dafür, dass die Antragstellerin Lind ihr Ehemann tatsächlich die Wohnung bewohnen, sprechen neben dem Mietvertrag vom 20. Oktober 2009 die von der Antragstellerin eingereichten Quittungen über die von ihr und ihrem Ehemann geleisteten Mietzahlungen. [...]