OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.08.2013 - 7 A 10485/13.OVG (= ASYLMAGAZIN 12/2013, S. 432 ff.) - asyl.net: M21083
https://www.asyl.net/rsdb/M21083
Leitsatz:

Die Entmakelung einer Jugendstrafe führt neben einer Verkürzung der Tilgungsfrist nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BZRG nur zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung nach § 41 Abs. 1 BZRG, hindert aber jedenfalls dann nicht ihre Berücksichtigung durch die Einbürgerungsbehörde oder das Verwaltungsgericht, wenn diese nicht durch Auskunft aus dem Bundeszentralregister, sondern sonst rechtmäßig von der Verurteilung Kenntnis erlangt haben (entgegen OVG Saarland, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 1 A 246/11 -).

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Einbürgerung, Verwertungsverbot, Tilgungsfrist, Tilgungsreife, Jugendstrafe, Führungszeugnis, Strafmakel, Entmakelung,
Normen: StAG § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, StAG § 12a Abs. 1 S. 1, BZRG § 51, BZRG § 46 Abs. 1 Nr. 2 Bst. a, BZRG § 47 Abs. 3 S. 1, JGG § 100, BZRG § 32 Abs. 2 Nr. 4,
Auszüge:

[...]

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers nämlich auch voraus, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Dieses so genannte Unbescholtenheitserfordernis erfüllt der Kläger (zumindest derzeit noch) nicht.

Zuletzt wurde gegen ihn mit rechtskräftig gewordenem und daher gemäß § 410 Abs. 3 StPO einem Urteil gleichstehendem Strafbefehl des Amtsgerichts Bingen am Rhein vom 27. März 2007 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 € festgesetzt. Zudem hatte ihn das Amtsgericht Bingen am Rhein mit Urteil vom 28. November 2002 wegen Bedrohung in Tateinheit mit dem Führen einer Schusswaffe entgegen § 39 WaffG bei öffentlichen Veranstaltungen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Diese Verurteilungen sind zunächst nicht gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Einbürgerung außer Betracht Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen (Nr. 2) und zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist (Nr. 3). Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei einer Jugendstrafe um eine Freiheitsstrafe im Sinne des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG handelt, da der Kläger zu einer Jugendstrafe von zehn und nicht nur drei Monaten verurteilt worden ist. Außerdem sind zu diesen zehn Monaten gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG zwei weitere Monate wegen der – nur bei isolierter Betrachtung unbeachtlichen – Festsetzung der Geldstrafe von 60 Tagessätzen gegen den Kläger hinzuzurechnen. Mit zwölf Monaten wird die Grenze des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG überdies um das Vierfache und damit nicht etwa nur "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten (vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 – 5 C 5.11 – BVerwGE 142, 145 ff.).

Bezüglich beider Straftaten besteht auch kein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG. Zufolge dieser Bestimmung dürfen eine Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Die Eintragungen der zwei Verurteilungen des Klägers sind aber noch nicht getilgt worden und sind auch noch nicht zu tilgen; gemäß §§ 46 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG tritt bezüglich beider Eintragungen Tilgungsreife – weitere Straffreiheit vorausgesetzt – zehn Jahre nach der zweiten Verurteilung und damit erst am 27. März 2017 ein.

Die Verurteilung des Klägers zu der auf Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von zehn Monaten aus dem Jahr 2002 kann seinem Einbürgerungsbegehren auch noch trotz der zwischenzeitlichen Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG entgegengehalten werden. Die Verurteilung des Klägers ist wegen ihrer Entmakelung nicht etwa "nicht zu berücksichtigen", "unbeachtlich", "nicht mehr einbürgerungshinderlich", "ohne Relevanz" oder "unerheblich" (so aber OVG Saarland, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris und teilweise AS 40, 238 ff.); die Beseitigung des Strafmakels nach § 97 oder § 100 JGG bei Jugendstrafen steht ihrer Tilgung im Bundeszentralregister nicht gleich (so aber Berlit in GK-StAR, Loseblatt, Stand Juli 2012, § 10 StAG Rn. 302).

Allerdings sind gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 BZRG Verurteilungen, durch die auf Jugendstrafe erkannt worden ist, nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenweg als beseitigt erklärt und die Beseitigung nicht widerrufen worden ist. Zwar darf von Eintragungen, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, gleichwohl gemäß § 41 Abs. 1 BZRG den Gerichten und den in dieser Bestimmung genannten Behörden – zum Teil nur zu bestimmten Zwecken – Kenntnis gegeben werden. Jedoch dürfen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG außer den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen Verurteilungen zu Jugendstrafe, bei denen der Strafmakel als beseitigt erklärt ist, nicht nach § 41 Abs. 1 BZRG mitgeteilt werden. Damit nimmt es der Gesetzgeber hin, dass zumindest im gesetzlich vorgesehenen Regelfall weder die zuständige Behörde noch das zuständige Gericht Kenntnis von einer Verurteilung erlangen, obwohl diese noch nicht getilgt und noch nicht tilgungsreif ist, und dass diese deshalb nicht berücksichtigt wird, obwohl sie hätte berücksichtigt werden müssen. Deswegen lässt sich § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG jedoch kein dem Verwertungsverbot des § 51 BZRG gleichstehendes Berücksichtigungs- oder Beachtensverbot entnehmen. Vielmehr führt die Entmakelung einer Jugendstrafe neben einer Verkürzung der Tilgungsfrist nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BZRG nur zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung nach § 41 Abs. 1 BZRG, hindert aber jedenfalls dann nicht ihre Berücksichtigung, wenn die Behörde oder das Gericht nicht durch Auskunft aus dem Bundeszentralregister, sondern sonst rechtmäßigerweise von dieser Verurteilung Kenntnis erlangt haben (ebenso Sachsenmaier in HTK-StAR, Nr. 4 zu § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG [Stand 05/2013]).

Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut beider Bestimmungen. Gemäß § 51 Abs. 1 BZRG dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten und vor allem nicht mehr zu seinem Nachteil "verwertet" werden, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt oder zu tilgen ist; § 51 BZRG ist ausdrücklich mit "Verwertungsverbot" überschrieben. Demgegen-über dürfen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG u.a. Verurteilungen zu Jugendstrafe, bei denen der Strafmakel als beseitigt erklärt ist, nicht nach § 41 Abs. 1 BZRG "mitgeteilt" werden. Diese Regelung stellt überdies systematisch eine Ausnahme zu § 41 Abs. 1 BZRG dar, wonach Eintragungen, die nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen werden dürfen, gleichwohl den im Folgenden genannten Gerichten und Behörden – zum Teil nur zu bestimmten Zwecken – "mitgeteilt" werden dürfen; § 41 BZRG ist mit "Umfang der Auskunft" überschrieben. [...]

Auch nach der – bislang allerdings ausschließlich ausländerrechtlichen – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht führt die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG nicht dazu, dass die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwendet werden darf, sondern gemäß § 41 Abs. 3 BZRG lediglich zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung und gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BZRG zu einer Verkürzung der Tilgungsfrist (so dessen Beschluss vom 26. Februar 1997 – 1 B 5.97 – Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 8 S. 14). Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. März 2004 – 1 C 5.03 – NVwZ 2004, 997 das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. September 2002 – 13 S 880/00 – EzAR 271 Nr. 37 S. 4 f., in dem unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Februar 1997 eine Jugendstrafe, obwohl deren Strafmakel als beseitigt erklärt worden war, einer Einbürgerung entgegengehalten worden war, insoweit ohne eigene Begründung als rechtmäßig bestätigt. Außerdem hatte das Bundesverwaltungsgericht zur vergleichbaren Bestimmung in § 57 Abs. 1 BZRG a.F., wonach Auskünfte aus dem Erziehungsregister nur bestimmten Behörden und Gerichten erteilt werden durften, entschieden, dass § 57 BZRG a.F. auch im Zusammenhang mit § 59 BZRG a.F. kein grundsätzliches Verwertungsverbot begründe und dass ein solches Verbot nach §§ 49, 55, 58 Abs. 4 BZRG a.F. nur für getilgte und tilgungsreife Eintragungen bestehe, nicht aber für Vorgänge, über die aus dem Register nur beschränkt Auskunft erteilt werde (vgl. dessen Beschluss vom 14. Februar 1984 – 1 B 10.84 – NJW 1984, 1315 [1316]). Hieran hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auch für § 61 Abs. 1 BZRG n.F. festgehalten und ergänzend ausgeführt, die Rechte des Betroffenen würden dadurch nicht verkürzt, da das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG gegenüber der Ausländerbehörde unabhängig davon wirke, auf welche Weise sie die entsprechenden Informationen erhalten habe, und da daneben der Löschungsanspruch nach § 91 Abs. 2 AufenthG hinsichtlich der Daten trete, die von öffentlichen Stellen übermittelt worden seien und für eine anstehende und voraussichtlich auch für eine spätere ausländerrechtliche Maßnahme nicht erheblich werden könnten (vgl. dessen Beschluss vom 23. September 2009 – 1 B 16.09 – InfAuslR 2009, 447).

Die Einwendungen des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris Rn. 69 bis 74 gegen diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

So trifft es zunächst nicht zu, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 1997 – 1 B 5.97 – a.a.O. die Beseitigung des Strafmakels einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe nach § 100 JGG nur deswegen als einer Ausweisung nicht entgegenstehend erachtet habe, weil es nach seiner damaligen Rechtsprechung zur Beurteilung von deren Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt habe, die jedoch vor der Beseitigung des Strafmakels ergangen sei. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, es sei nicht – wie indes erforderlich – dargelegt worden, "dass und warum eine Prüfung der Ausweisung und der Androhung der Abschiebung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Namentlich führt die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG nicht dazu, dass die Tat und die Verurteilung den Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwendet werden dürfte. Diese Entscheidung führt lediglich zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung" (kursive Hervorhebung durch den Senat).

Ferner haben das Bundesverwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nicht etwa "übersehen, dass das Bundeszentralregistergesetz … gewährleisten will, dass – ausschließlich – die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte im Fall eines neuen Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahrens gegen den Betroffenen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. BZRG über die entmakelte, aber noch nicht getilgte Jugendstrafe unterrichtet werden" und dass "dieses spezielle Ziel … nach den geltenden Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nur dadurch erreicht werden" kann, "dass die entmakelte Jugendstrafe nicht getilgt wird". Oben wurde indes bereits aufgezeigt, dass bezüglich des Auskunftserteilungsverbots des § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG weitere Einschränkungen bestehen und dass ein eingeschränktes Verwertungsverbot, hätte der Gesetzgeber ein solches beabsichtigt, unschwer in § 41 Abs. 3 Satz 1 oder in § 51 BZRG hätte ausdrücklich geregelt werden können. Zudem wird im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – a.a.O. der eindeutige Wortlaut von § 41 Abs. 3 Satz 1 und § 51 Abs. 1 BZRG letztlich nicht beachtet.

Richtig ist im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 61 BZRG zwar der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes darauf, dass es im Staatsangehörigkeitsgesetz keine § 91 Abs. 2 AufenthG entsprechende Löschungsvorschrift gibt. Jedoch wirkt sich diese Bestimmung mittelbar auch im Einbürgerungsverfahren aus, da die Einbürgerungsbehörde im Falle einer Löschung nach § 91 Abs. 2 AufenthG über die Beiziehung der den Einbürgerungsbewerber betreffenden Ausländerakte keine Kenntnis mehr von einer Verurteilung erhält. Ferner trifft es zwar zu, dass die Voraussetzungen eines Löschungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 AufenthG selten erfüllt sein werden. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes übergeht insoweit aber den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht vorrangig auf die Schutzwirkung des § 51 Abs. 1 BZRG abgestellt hat.

Auch sonst sprechen keine Besonderheiten des Einbürgerungsverfahrens dafür, dass § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG ein relatives Berücksichtigungs- oder Beachtensverbot von Verurteilungen zu Jugendstrafe enthält, deren Strafmakel als beseitigt erklärt wurde. Im Gegenteil: Diesbezüglich ist nämlich zunächst § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Blick zu nehmen. Danach sind im Einbürgerungsverfahren grundsätzlich alle Verurteilungen zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigen Tat in dem Sinne "erheblich" bzw. "zu berücksichtigen" und "zu beachten", dass sie einer Einbürgerung entgegenstehen, also einbürgerungshinderlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 – 5 C 5.11 – a.a.O. S. 149 Rn. 17). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält zunächst § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG, wonach Verurteilungen unterhalb bestimmter Bagatellgrenzen unbeachtlich sind. Eine weitere Ausnahme von diesem Grundsatz lässt § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu, der eine Einzelfallentscheidung ermöglicht, sofern die Verurteilung den durch § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG vorgegebenen Rahmen nur geringfügig überschreitet. Ferner enthält § 51 Abs. 1 BZRG eine dritte Ausnahme vom Grundsatz des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG, da danach eine Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Angesichts des Grundsatzes des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG liegt die Annahme fern, der Gesetzgeber habe neben dessen ausdrücklichen Einschränkungen durch § 12a Abs. 1 StAG und insbesondere neben dem ausdrücklichen absoluten Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG auch das eingeschränkte Verbot des § 41 Abs. 3 BZRG, das er zudem als bloßes Auskunftserteilungsverbot ausgestaltet hat, im Einbürgerungsverfahren als relatives Verwertungsverbot verstanden wissen wollen für die Fälle, in denen die Einbürgerungsbehörde oder das Verwaltungsgericht trotz des Auskunftserteilungsverbots Kenntnis von einer entmakelten, aber noch nicht getilgten oder tilgungsreifen Verurteilung des Einbürgerungsbewerbers zu einer Jugendstrafe erhalten.

In diesem Zusammenhang ist ferner Folgendes zu sehen: Da gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG bei der Einbürgerung "die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz" außer Betracht bleiben, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber diese Bestimmung um die Wortfolge "sowie Verurteilungen zu Jugendstrafe, deren Strafmakel als beseitigt erklärt wurde" ergänzt hätte, hätte er gewollt, dass auch entmakelte Jugendstrafen im Einbürgerungsverfahren generell außer Betracht bleiben sollen.

Gegen einen solchen Willen des Gesetzgebers spricht auch eine Änderung des Einbürgerungsrechts durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950). Bis zum 31. Dezember 2004 galt nämlich § 88 AuslG 1990 als Vorgängervorschrift von § 12a StAG. Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1990 blieben bei der Einbürgerung nach § 85 AuslG 1990 außer Betracht die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz (Nr. 1), Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen (Nr. 2) und Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden sind (Nr. 3), nach § 88 Abs. 2 AuslG 1990 erhielt ein Ausländer im Falle der Verhängung von Jugendstrafe bis zu einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt ist, eine Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wird. Gemäß § 88 Abs. 2 AuslG 1990 stand damit letztlich eine Verurteilung zu Jugendstrafe bis zu einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden war, wie andere Verurteilungen unterhalb der Bagatellgrenzen unabhängig von ihrer Tilgung oder Tilgungsreife einer Einbürgerung nicht entgegen. Der Gesetzgeber beabsichtigte zunächst, die Regelungen in § 88 Abs. 1 und 2 AuslG 1990 unverändert in § 12a Abs. 2 StAG zu transferieren (vgl. BT-Drucks. 15/420 S. 48). Nachdem aber die CDU/CSU-Fraktion beantragt hatte, im geplanten § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG die Bagatellgrenzen in den Nummern 2 und 3 auf 90 Tagessätze bzw. drei Monate Freiheitstrafe zu senken und die Regelung im bisherigen § 88 Abs. 2 AuslG 1990 nicht zu übernehmen, weil diese Privilegierung bei der Verhängung von Jugendstrafe außer Verhältnis zu den neuen Bagatellgrenzen stehen würde (vgl. BT-Drucks. 15/955 S. 42), blieb es auf Empfehlung des Vermittlungsausschusses (vgl. BT-Drucks. 15/3479 S. 15) zwar bei der unveränderten Transferierung von § 88 Abs. 1 AuslG 1990 in § 12a Abs. 1 StAG, entfiel jedoch die Regelung im bisherigen § 88 Abs. 2 AuslG 1990 ersatzlos. Angesichts der damit beabsichtigten uneingeschränkten und einbürgerungshindernden Beachtlichkeit auch von zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafen, bei denen die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wurde, hätte der Gesetzgeber gleichzeitig eine entsprechende Änderung von § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG vorgenommen, enthielte diese Bestimmung nach seinem Willen ein zumindest eingeschränktes Berücksichtigungsverbot, da gemäß § 26a Satz 1 JGG eine Jugendstrafe stets dann erlassen wird, wenn eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht widerrufen wurde, und da gemäß § 100 Satz 1 JGG in diesem Fall ohne weitere Prüfung zugleich auch der Strafmakel als beseitigt erklärt wird, sofern der Betreffende nicht zu mehr als zwei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden war. Mehr noch: Enthielte nach dem Willen des Gesetzgebers § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG ein – wenn auch eingeschränktes – Berücksichtigungsverbot bezüglich zur Bewährung ausgesetzter Jugendstrafen bis zu zwei Jahren, bei denen die Aussetzung nicht widerrufen und letztlich schon deshalb der Strafmakel gemäß § 100 Satz 1 JGG als beseitigt erklärt wurde, so wäre § 88 Abs. 2 AuslG 1990 daneben überflüssig gewesen, soweit nicht der Verurteilung eine der in § 41 Abs. 3 Satz 2 BZRG genannten Straftaten zugrunde lag.

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass aufgrund der Regelung in § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG zumindest im gesetzlich vorgesehenen Regelfall der Einbürgerungsbehörde und dem Verwaltungsgericht eine Verurteilung zu einer noch nicht getilgten und noch nicht tilgungsreifen Jugendstrafe im Falle ihrer zwischenzeitlichen Entmakelung unbekannt bleibt, obwohl diese gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG im Einbürgerungsverfahren berücksichtigt werden müsste, und dass es von eher zufälligen Umständen des Einzelfalles abhängt, ob die Einbürgerungsbehörde und das Verwaltungsgericht trotz des Auskunftserteilungsverbotes des § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG auf rechtmäßigem Wege gleichwohl Kenntnis von einer solchen Verurteilung erlangen und einem Einbürgerungsbegehren entgegenhalten. Wie indes bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat, obliegt es allein dem Gesetzgeber, die bestehende Rechtslage zu ändern.

Die Erfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ist gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch Voraussetzung für eine Einbürgerung im Ermessenswege. Umstände, die die Annahme rechtfertigten, dass von der Erfüllung dieses Erfordernisses gemäß § 8 Abs. 2 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden kann, hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ist deshalb das Einbürgerungsermessen des Beklagten nicht eröffnet, kommt auch nicht etwa die Verpflichtung des Beklagten auf Neubescheidung des Antrags des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats in Betracht. [...]