1. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass in Afghanistan die Gefahr einer Zwangsverheiratung, die dort als solche - zumal bei minderjährigen Mädchen - weit verbreitet ist, für eine Frau den Flüchtlingsstatus begründen kann. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer unter Berücksichtigung der ihr vorliegenden Erkenntnisquellen an.
2. Bei der Prüfung des Art. 8 RL 2004/83/EG ist zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes
von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können. Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum am Zufluchtsort gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen.
3. Die Ernährung für eine Familie mit zwei Kleinkindern kann in Kabul durch Aushilfsjobs nicht sichergestellt werden.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Zwar stärken inzwischen Verfassung und Gesetzgebung Afghanistans zunehmend die Rechte der Frauen. Allerdings wird nahezu einhellig berichtet, dass dies für die meisten Betroffenen kaum Auswirkungen auf ihre Lebenswirklichkeit hat. Frauen werden nach wie vor in vielfältiger Hinsicht diskriminiert (vgl. Auswärtiges Amt, Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 10. Januar 2012, S. 20 ff., und 4. Juni 2013, S. 12 f.; Amnesty International, Jahresbericht Afghanistan 2012, 24. Mai 2012, sowie Jahresbericht Afghanistan 2013, 23. Mai 2013; Schweizerische Flüchtlingshilfe, "Afghanistan: Update: Die aktuelle Sicherheitslage", 3. September 2012, S. 14 f., und "Afghanistan: Situation geschiedener Frauen", 1. November 2011, S. 1 f.; s. auch UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender – zusammenfassende Übersetzung, 24. März 2011, S. 7).
Im gesellschaftlichen Bereich bestimmen nach wie vor eine orthodoxe Auslegung der Scharia und archaisch-patriarchalische Ehrenkodizes die Situation von Frauen und Mädchen. Der Verhaltenskodex der afghanischen Gesellschaft verlangt von ihnen grundsätzlich den Verzicht auf Eigenständigkeit. Innerhalb der Familie haben sie sich dem Willen der männlichen Familienmitglieder zu unterwerfen. Falls sie sich den gesellschaftlichen Normen verweigern, besteht die Gefahr der sozialen Ächtung. Die Entwicklung einer eigenständigen Lebensperspektive ist ihnen ohne familiäre Unterstützung nicht möglich (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, April 2010, S. 25 ff.).
Vor allem in der Region I., aus der auch die Klägerin zu 1. stammt, schränkt ein ausgeprägter traditioneller Verhaltenskodex Frauen und Mädchen in ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit besonders stark ein (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 10. Januar 2012, S. 22; BAMF, Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, April 2010, S. 30).
Entsprechend der untergeordneten Stellung der Frauen in Afghanistan ist häusliche Gewalt in Form von Schlägen und Misshandlungen weit verbreitet. Bei etwa 60% der in Afghanistan geschlossenen Ehen soll es sich um Kinderehen handeln. Unter Zwang sollen bis zu 80% aller Ehen eingegangen werden (vgl. BAMF, Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, April 2010, S. 29 f.; 32; Schweizerische Flüchtlingshilfe, "Afghanistan: Situation von Waisenmädchen", 24. November 2011, S. 1 f., und "Iran: Zwangsheirat einer afghanischen Minderjährigen", 7. Februar 2013, S. 4).
Die Flucht vor einer Zwangsverheiratung kann Auslöser für einen Ehrenmord sein (vgl. BAMF, Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, April 2010, S. 30; Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD), Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Sanktionen gegen unverheiratetes Paar, das untertaucht (Rolle von Volkszugehörigkeit und Religion?); Sanktionen gegen Familienangehörige des Mannes, 27. Dezember 2012).
Geht die Frau, die sich einer Zwangsverheiratung entzieht, dabei sogar eine vor- oder außereheliche Beziehung mit einem anderen Mann ein, drohen nicht nur der Frau selbst, sondern mitunter sowohl ihren eigenen Kindern als auch dem anderen Mann ein Ehrverbrechen (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Informationen zur Praxis der Blutrache, 11. Juni 2013).
Zufluchtsmöglichkeiten für Frauen, die vor geschlechtsspezifischer Verfolgung wie häuslicher Gewalt oder drohender Zwangs- bzw. Kinderverheiratung fliehen, sind nur beschränkt verfügbar. Überhaupt begrenzt die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan vor allem für Frauen und Kinder den Zugang zu sozialen Einrichtungen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Kurzprofil zum Konflikt in Afghanistan, 18. Februar 2013).
Die Mehrheit der Frauen hat zudem kaum Zugang zu Gerichten und juristischer Unterstützung. Frauen, die sich gegen Verletzungen ihrer Rechte wehren, sehen sich Vertretern des Staates gegenüber, die häufig nicht in der Lage oder aufgrund konservativer Wertvorstellungen nicht gewillt sind, diese Rechte zu schützen (vgl. BAMF, Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, April 2010, S. 25 ff.).
Diese Erkenntnislage zugrunde gelegt, bestehen seitens des Gerichts keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin zu 1.
Die Klägerin zu 1. hat in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat die Umstände der drohenden Zwangsheirat in der mündlichen Verhandlung detailliert und widerspruchsfrei geschildert. Danach steht für das Gericht fest, dass die Klägerin zu 1. – ohne ihren Willen – bereits als Kind seitens ihres Vaters dem Onkel zur Verheiratung mit ihrem Cousin versprochen war und im Alter von 17 Jahren zur Heirat weggegeben werden sollte. Die Klägerin zu 1. hat vor allem die dominante Funktion des Vaters in ihrer Familie sowie dessen Beziehungen zu den Taliban glaubhaft geschildert. Auch aus der emotionalen Bewegtheit, mit der die Klägerin die einzelnen Umstände in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, schließt das Gericht, dass es sich bei den Schilderungen um wahre Begebenheiten handeln muss. Hinzu kommt, dass der Vortrag der Klägerin zu 1. auch keine durchgreifenden Widersprüche zu den Angaben ihres Ehemannes im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt erkennen lässt.
Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 26. September 2011 die Angaben der Klägerin zu 1. für nicht glaubhaft hält, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Soweit der Klägerin zu 1. in dem angefochtenen Bescheid etwa ein "farbloser" und "stereotyper" Sachvortrag vorgehalten wird, wurden zum einen im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt kaum detaillierte Nachfragen gestellt, zum anderen hat die Klägerin diesbezügliche Unklarheiten jedenfalls in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt. Im Übrigen ist in Bezug auf die in dem angefochtenen Bescheid dargestellten Zweifel an der Glaubhaftigkeit festzustellen, dass im vorliegenden Fall weder der Mitarbeiter des Bundesamts, der die Anhörung durchgeführt hat, noch die Sonderbeauftragte beim Bundesamt für geschlechtsspezifische Verfolgung die angefochtene Entscheidung letztendlich selbst getroffen haben. Zwar verbietet das Asylverfahrensgesetz nicht explizit eine Personenverschiedenheit von Anhörendem und Entscheider. Wird jedoch der Asylantrag maßgeblich wegen der Unglaubhaftigkeit der Einlassungen abgelehnt, erscheint eine verfahrensrechtliche Trennung von Anhörung und Entscheidung kaum sachgerecht (vgl. zu diesbezüglichen Bedenken VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. März 2011 - 12 A 51/10 -, abrufbar unter www.asyl.net, und VG Göttingen, Beschluss vom 17. August 2010 - 2 B 301/10 -, sowie VG München, Beschluss vom 30. Juli 2012 - M 23 S 12.30543 -, jeweils zitiert nach juris).
Für das Gericht steht jedenfalls aufgrund des widerspruchsfreien Vortrags der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung fest, dass diese einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 RL 83/2004/EG ausgesetzt war. Denn der Akt der Zwangsverheiratung selbst, durch den die Klägerin zu 1. bedroht war, und die Aufrechterhaltung dieses Zwangs erfüllen den Tatbestand einer Verletzung des Art. 12 der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), wonach Männer und Frauen das Recht haben, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Dieses Recht umfasst auch die negative Freiheit, eine Ehe nicht eingehen zu müssen, wenn dies nicht dem eigenen Wunsch entspricht. Zugleich verletzt die Zwangsverheiratung und die Nötigung zum Verbleib in einer Zwangsehe das Recht auf Privatleben nach Art. 8 EMRK (vgl. zum Ganzen VG Frankfurt a.M., Urteil vom 4. Juli 2012 - 1 K 1836/11.F.A -, juris).
Zudem verstößt eine Zwangsheirat gegen Art. 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 A (III) der UN-Generalversammlung vom 10. Dezember 1948), wonach eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseignung der künftigen Ehegatten geschlossen werden darf (vgl. VG München, Urteil vom 7. Dezember 2011 - M 23 K 11.30139 -, mit weiteren Nachw.).
Akteur dieser drohenden Verfolgung war in erster Linie der Vater der Klägerin zu 1. Hierbei handelt es sich um einen beachtlichen nichtstaatlichen Akteur im Sinne des Art. 6 lit. c) RL 83/2004/EG. Denn die Verfolgungshandlungen können ohne Einschränkungen auch von Einzelpersonen ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 - 1 C 15.05 -, und OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2008 - 20 A 2300/06.A -, jeweils zitiert nach juris).
Die Klägerin zu 1. konnte auch nicht den Schutz des Staates oder hinreichend mächtiger Parteien, Organisationen oder internationaler Organisationen in Anspruch nehmen (Art. 7 RL 83/2004/EG). Insbesondere ist die Islamische Republik Afghanistan erwiesenermaßen nicht in der Lage, Schutz vor der Zwangsverheiratung durch nichtstaatliche Akteure zu bieten. Dies wäre dann der Fall, wenn der Staat geeignete Schritte eingeleitet hätte, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn die Klägerin zu 1. Zugang zu diesem Schutz hätte (vgl. Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2004/83/EG). Nach der oben bereits dargelegten Auskunftslage sind diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt.
Der Klägerin zu 1. kommt nach alledem in Bezug auf die anzustellende Verfolgungsprognose die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2004/83/EG zu Gute, da sie von der Zwangsheirat zur Überzeugung des Gerichts unmittelbar bedroht war. Die demnach bestehende Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung bedroht ist, ist im Fall der Klägerin zu 1. auch nicht widerlegt. Stichhaltige Gründe, die objektiv gegen die Vermutung der fortwirkenden Verfolgungsfurcht sprechen würden, sind nicht erkennbar. Letztlich hat sich die Verfolgungsfurcht der Klägerin zu 1. im Hinblick auf ihre Flucht in nachvollziehbarer Weise vielmehr noch gesteigert, da sie nun – wie sie vorgetragen hat – befürchtet, dass ihr Vater sie im Falle einer Rückkehr töten würde. Sie hat diese Furcht nachvollziehbar damit begründet, dass sie nach Auffassung ihres Vaters dessen Ehre und die Ehre der Familie beschmutzt habe.
Für die Klägerin besteht schließlich auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG i.V.m. Art. 8 RL 2004/83/EG. Nach Art. 8 RL 2004/83/EG können die Mitgliedstaaten bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Diese Voraussetzungen sind hier – auch mit Blick auf Kabul – nicht erfüllt.
Für die Klägerin zu 1. mag zwar eine begründete Furcht vor der geltend gemachten Verfolgung außerhalb von I. – etwa in Kabul – nicht bestehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Vater der Klägerin zu 1. auch in Kabul Zugriff auf seine Tochter haben könnte. Von der Klägerin zu 1. kann aber nicht vernünftigerweise erwartet werden, dass sie sich in Kabul oder anderswo in Afghanistan dauerhaft aufhält, um der geltend gemachten Bedrohung zu entfliehen.
Von einem Schutzsuchenden kann nur dann vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil aufhält, wenn der Ausländer am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d. h. dort das Existenzminimum gewährt ist. Dabei bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen eine wirtschaftliche Lebensgrundlage etwa dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem angemessenen Lebensunterhalt Erforderliche erlangen können (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 1 B 298.02 - sowie Urteile vom 1. Februar 2007 - 1 C 24.06 - und vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 -, jeweils zitiert nach juris).
Zwar ist nach der Rechtsprechung der Kammer vor allem für alleinstehende, aus dem europäischen Ausland zurückkehrende und arbeitsfähige Männer aus der Bevölkerungsmehrheit ohne erhebliche gesundheitliche Einschränkungen – mitunter auch ohne familiären Rückhalt – in der Regel die Möglichkeit gegeben, in Kabul als Tagelöhner wenigstens das Überleben zu sichern. Kabul stellt daher nach Ansicht der Kammer derzeit für alleinstehende, arbeitsfähige Männer ohne erhebliche gesundheitliche Einschränkungen durchaus eine interne Schutzalternative im vorstehenden Sinne dar. Dies gilt in der Gesamtschau der aktuellen Auskünfte jedoch nicht für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen (vgl. Urteile der Kammer vom 21. Februar 2013 - 5a K 1523/11.A, 5a K 1524/11.A und 5a K 1525/11.A - sowie - 5a K 3753/11.A - und vom 23. Mai 2013 - 5a K 1907/11.A - sowie - 5a K 3137/11.A -, jeweils mit weiteren Nachw., sämtlich zitiert nach juris).
Bei der Prüfung des Art. 8 RL 2004/83/EG ist außerdem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können. Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum am Zufluchtsort gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 24. Mai 2012 - Au 6 K 11.30369 -, juris; vgl. jüngst auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 5. Juni 2013 - 2 BvR 586/13 -, juris).
Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der Eindrücke, die die Kammer von der Klägerin zu 1. und ihrem Ehemann sowie den beiden Töchtern in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, ist das Gericht davon überzeugt, dass es der Familie nicht gelingen wird, das Existenzminimum in Kabul zu sichern. Der Ehemann der Klägerin zu 1. ist weder vermögend noch beruflich besonders qualifiziert. Die Ernährung für eine Familie mit zwei Kleinkindern kann in Kabul durch Aushilfsjobs nicht sichergestellt werden (vgl. Lutze, Gutachten an OVG Rheinland Pfalz, 8. Juni 2011, S. 3 und 6 ff.).
Nach den glaubhaften Angaben der Klägerin zu 1. besteht in Afghanistan auch kein Rückhalt seitens der Großfamilie mehr. Nach den Schilderungen der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung besteht weder mit der Familie der Klägerin zu 1. noch mit der Familie ihres Ehemannes Kontakt.
Besteht nach alledem für die Klägerin zu 1. ein Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG, ist ein solcher Anspruch auch der Klägerin zu 2. zuzugestehen. Zum einen ist die Klägerin zu 2. als Tochter der Klägerin zu 1. aufgrund des Prinzips der Blutrache mitunter selbst Repressionen durch den Vater der Klägerin zu 1. ausgesetzt. Jedenfalls aber folgt der Flüchtlingsschutz aus § 26 Abs. 2 und 4 AsylVfG. [...]