VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.07.2014 - A 11 S 1230/14 - asyl.net: M22103
https://www.asyl.net/rsdb/M22103
Leitsatz:

Zwar bestehen Zweifel, ob § 34a Abs. 1 (i.V.m. § 27a) AsylVfG, der allein eine Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat vorsieht und keine Möglichkeit einer Ausreise auf Initiative des Ausländers oder eine kontrollierte Ausreise im Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) VO (EG) Nr. 1560/2003 vom 02.09.2003 (ABl. L. Nr. 222, 3) i.d.F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 - DVO Dublin III (ABl. L Nr. 39, 1) einräumt, mit Unionsrecht uneingeschränkt vereinbar ist. Gleichwohl besteht keine Veranlassung, die Betroffenen vorläufig von den Vollzugsfolgen freizustellen. Denn es ist eine unionsrechtskonforme Handhabung durch die für die Aufenthaltsbeendigung zuständige Ausländerbehörde möglich.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: zuständiger Mitgliedstaat, Überstellung, Zurückschiebung, Abschiebungsanordnung, Unionsrecht, Ausländerbehörde, freiwillige Ausreise, Dublinverfahren, Dublin III-Verordnung,
Normen: VO 604/2013 Art. 29 Abs. 1, VO 1560/2003 Art. 7 Abs. 1, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Nachdem der Senat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem die Klage gegen die in Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 17.01.2014 erfolgte Ablehnung des Asylantrags als unzulässig (vgl. § 31 Abs. 5 AsylVfG) abgewiesen wurde, abgelehnt hat, steht unanfechtbar fest, dass Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und diesbezüglich, insbesondere gegen eine Überstellung nach Ungarn vom Antragsteller keine (zielstaatsbezogenen) Einwendungen mehr erhoben werden können. Wie bereits im Beschluss vom 02.07.2014 angesprochen, sieht der Senat keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, die Bestimmung des § 34a Abs. 1 AsylVfG unionrechtskonform durch die für die Überstellung zuständige Ausländerbehörde zu handhaben, und zwar nach Maßgabe von Art. 7 VO (EG) Nr. 1560/2003 vom 02.09.2003 (ABl. L. Nr. 222, 3) i.d.F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 - DVO Dublin III (ABl. L Nr. 39, 1). Dieses könnte in der Weise zu geschehen haben, dass die für die Überstellung zuständige Ausländerbehörde zunächst prüft, ob in der Person des oder der Betroffenen Abschiebungsgründe im Sinne des § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG vorliegen und verneinendenfalls eine Ermessensentscheidung darüber trifft, ob eine Überstellung in der Form des Art. 7 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) DVO Dublin III erfolgen soll. Ggf. muss der Antragsteller, wenn die Ausländerbehörde abweichend von seinen Wünschen auf einer Abschiebung bestehen sollte, insoweit vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Anspruch nehmen.

Der Senat sieht ungeachtet dessen auch deshalb von einer Abänderung ab, weil der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt den Wunsch geäußert hatte, auf eigene Initiative oder jedenfalls kontrolliert ausreisen zu wollen. [...]