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VG Braunschweig

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Zitieren als:
VG Braunschweig, Beschluss vom 31.01.2017 - 9 B 8/17 - asyl.net: M24760
https://www.asyl.net/rsdb/M24760
Leitsatz:

Eilrechtsschutz gegen Dublin-Bescheid wegen unklarer Rechtslage bei Fristüberschreitung im Dublin-Verfahren:

1. In der Rechtsprechung ist nicht geklärt, ob sich Asylsuchende auf einen objektiv eingetretenen Zuständigkeitsübergang nach Art. 23 Abs. 3 Dublin-III-VO berufen können - insbesondere, wenn der originär zuständige Staat (hier Slowenien) weiterhin aufnahmebereit ist.

2. Da die Entscheidung des EuGH auf einen Vorlagebeschluss des VG Minden vom 22.12.2016 - 10 K 5476/16.A (asyl.net: M24535) im Hinblick auf Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 Dublin-III-VO auch für die Auslegung von Art. 23 Dublin-III-VO von Bedeutung sein dürfte, überwiegt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren das individuelle Interesse an einer Aussetzung der sofortigen Vollziehung.

Schlagwörter: Verfahrensaussetzung, Dublinverfahren, Überstellungsfrist, Suspensiveffekt, Fristüberschreitung,Einstweiliger Rechtsschutz, Wiederaufnahmegesuch, Dublin III-Verordnung, subjektives Recht, Fristablauf, Vorlagebeschluss, Zuständigkeit,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a, VO 604/2013 Art. 23 Abs. 2, VO 604/2013 Art. 23 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

Ob sich ein Asylsuchender auf einen objektiv eingetretenen Zuständigkeitsübergang nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-Verordnung berufen kann und dies insbesondere in einem Fall, in dem der originär zuständige Staat - wie hier Slowenien - weiterhin aufnahmebereit ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt (vgl. bejahend: die vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in Bezug genommene Entscheidung des VG Halle, Urt. v. 18.10.2016 - 2 A 48/16 -, V.n.b.; demgegenüber verneinend: VG Hannover, Beschl. v. 12.9.2016 -1 B 4090/16 -, juris). Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteilen vom 7. Juni 2016 (C-63/15 und C-155/15 , juris) entschieden, dass ein Asylbewerber die fehlerhafte Anwendung bestimmter, in diesen Verfahren streitgegenständlicher Vorschriften der Dublin III-Verordnung geltend machen kann. Die Entscheidungen betrafen allerdings nicht den Übergang der Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat wegen Ablauf der Frist für das Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-Verordnung. Das Verwaltungsgericht Minden hat dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 22. Dezember 2016 (10 K 5476/16.A, juris) ein Verfahren vorgelegt, in dem diese Frage bezogen auf den Ablauf der Frist für die Stellung eines Aufnahmegesuchs gemäß Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 Dublin III-Verordnung streitgegenständlich ist. Bei dieser Sachlage hat bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der auch für die Auslegung des Art. 23 Dublin III-Verordnung Bedeutung zukommen dürfte, im Rahmen der Interessenabwägung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zurückzutreten. [...]