OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Urteil vom 21.11.2018 - OVG 2 LB 150/18 - asyl.net: M26787
https://www.asyl.net/rsdb/M26787
Leitsatz:

Hinweis in Rechtsbehelfsbelehrung auf Abfassung der Klage in deutscher Sprache nicht unrichtig:

"Der Zusatz in der einem Asylbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, ist weder fehlerhaft noch irreführend."

(Amtlicher Leitsatz, Anschluss an BVerwG, Urteil vom 29. August 2018 – 1 C 6/18 –asylnet: M26622)

Schlagwörter: Rechtsmittelbelehrung, Übersetzung, Klagefrist, irreführender Zusatz, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ablehnungsbescheid, Niederschrift des Urkundsbeamten, Schriftform,
Normen: VwGO § 55, VwGO § 58, VwGO § 60, VwGO § 81 Abs. 1, VwGO § 86 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die Klage konnte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO erhoben werden. Nach § 58 Abs. 2 VwGO ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig, wenn die nach Absatz 1 erforderliche Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Nach § 58 Abs. 1 VwGO ist der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung enthält diese Angaben und gibt sie zutreffend wieder.

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch nicht unrichtig i.S.d. § 58 Abs. 2 VwGO. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie einen nicht erforderlichen Zusatz enthält, der fehlerhaft oder irreführend ist und dadurch generell geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Beschlüsse vom 24.08.2016 – 4 VR 15/16 –, Rn. 6, juris; vom 31.08.2015 – 2 B 61/14 –, Rn. 8, juris; Urteil vom 21.03.2002 – 4 C 2/01 –, Rn. 12, juris). Der Zusatz, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, ist weder fehlerhaft noch irreführend. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 29.08.2018 (– BVerwG 1 C 6.18 –, juris) ausgeführt, dass ein objektiver Empfänger in der Situation des Klägers dem zutreffenden Hinweis auf die Gerichtssprache, die nach § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG deutsch sei, die maßgebliche Bedeutung beimessen und dem Verb "abfassen" kein eigenständiges Gewicht einräumen werde. Anders als im Verwaltungsverfahren, in dem das Anliegen in der Muttersprache vorgetragen werden könne, müsse der Asylantragsteller sein Anliegen bei der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens in deutscher Sprache formulieren. Da es sich hierbei um eine für den Asylantragsteller wesentliche Änderung der verfahrensrechtlichen Gegebenheiten handele, werde er den Zusatz als Information über die nunmehr vor Gericht zu verwendende Sprache auffassen. Der Zusatz sei nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass die Klage vom Kläger selbst schriftlich im Sinne des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben werden müsse, obwohl die Klageerhebung auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten (§ 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO) möglich sei. Selbst wenn "abfassen" im Sinne einer Verschriftlichung zu verstehen wäre, wäre der Zusatz allein deswegen weder fehlerhaft noch irreführend, denn eine wirksame Klageerhebung verlange stets die Verschriftlichung des klägerischen Begehrens. Dies gelte auch für eine vom Kläger zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhobene Klage. Erst mit der Verschriftlichung des mündlich geäußerten Begehrens durch den Urkundsbeamten liege eine wirksame Klageerhebung vor. Die Formulierung "... muss ... abgefasst sein" enthalte gerade keine Aussage dazu, wer die Klage abfassen bzw. für die Verschriftlichung der Klage sorgen müsse, sondern treffe allein eine Aussage dazu, dass eine Verschriftlichung notwendig sei. Die Verschriftlichung könne auch durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgen. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. [...]