EGMR

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Zitieren als:
EGMR, Urteil vom 23.07.2020 - 40503/17; 42902/17: 43643/17: M.K. u.a. gegen Polen - asyl.net: M28846
https://www.asyl.net/rsdb/M28846
Leitsatz:

Zurückweisung von Schutzsuchenden aus der Russischen Föderation an der polnischen Grenze bei Terespol (nach Belarus):

1. Im Rahmen einer Zurückweisung an der Grenze muss geprüft werden, ob die antragstellende Person in dem Drittland, in das die Zurückweisung erfolgt, Zugang zu einem angemessenen Asylverfahren haben wird. Erfolgt keine solche Prüfung, stellt dies einen Verstoß gegen Artikel 3 EMRK dar.

2. Indem die polnischen Behörden den antragstellenden Personen nicht erlaubten, bis zur Prüfung ihrer Anträge im polnischen Hoheitsgebiet zu verbleiben, setzten sie sie der ernsthaften Gefahr einer Kettenabschiebung und einer nach Artikel 3 EMRK verbotenen Behandlung in Belarus aus.

3. Erfolgt an der Grenze eine Befragung über die Asylgründe, muss eine Einzelfallentscheidungen ergehen, die die individuelle Situation angemessen berücksichtigt. Dies nicht zu tun, ist eine gängige Praxis polnischer Behörden und erfüllt den Tatbestand einer kollektiven Ausweisung.

4. Die Verweigerung des Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln gegen eine solche Entscheidung stellt darüber hinaus eine Verletzung von Artikel 13 EMRK in Verbindung mit Artikel 3 und Artikel 4 Protokoll Nr. 4 dar.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Kollektivausweisung, Asylverfahren, Anhörung, Rechtsmittel, faires Verfahren, Zurückschiebung, Zurückweisung, Ausweisung, Asylgesuch, Ukraine, EGMR, Europäische Menschenrechtskonvention, Verfahrensfehler, wirksamer Rechtsbehelf, effektiver Rechtsschutz, Polen, Refoulement,
Normen: EMRK-Protokoll Nr. 4 Art.4, EMRK Art. 3, EMRK Art. 13, EMRK Art. 2,
Auszüge:

Wegen des Umfangs der Entscheidung verweisen wir auf das PDF-Dokument.