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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 04.07.2001 - 1 B 189.01 - asyl.net: M3434
https://www.asyl.net/rsdb/M3434
Leitsatz:

Die Frage, ob die Tatsache, dass im Kosovo die faktische Staatsgewalt, von der UNMIK ausgeübt wird, ausreicht, um die Feststellung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG i.V.m. Art. 1, 33 GFK bei ethnischen Albanern aus dem Kosovo auszuschließen, begründet nicht die Zulässigkeit zur Revision. (Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Revisionsverfahren, Nichtzulassungsbeschwerde, Grundsätzliche Bedeutung, Kosovo, Albaner, Abschiebungsschutz, Gebietsgewalt, UNMIK, Interne Fluchtalternative, Genfer Flüchtlingskonvention, Auslegung, Flüchtlingsbegriff
Normen: VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 16a; AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene, als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob die Tatsache, dass im Kosovo die faktische Staatsgewalt, von der UNMIK ausgeübt wird, ausreicht, um die Feststellung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG i.V.m. Art. 1, 33 GFK bei ethnischen Albanern aus dem Kosovo auszuschließen, kann nicht zur Zulassung der Revision führen.

Die Beschwerde wendet sich mit ihrem Vorbringen gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beigeladenen haben bei einer Rückkehr in den Kosovo keine politische Verfolgung im AuslG zu befürchten, weil dieses Gebiet die Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative erfülle. Die Beschwerde hält das dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegende Verständnis des § 51 Abs. 1 AuslG für unzutreffend, weil es mit der vorrangigen Vorschrift des Art. 1 C Nr. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) unvereinbar sei. Nach dieser Bestimmung falle ein Flüchtling im Sinne der Definition des Art. 1 A GfK, bei dem die Voraussetzungen des Art. 33 GFK festgestellt worden seien, nur dann nicht mehr unter die Konvention, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt wurde, es nicht mehr ablehnen könne, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit, er besitze. Im Kosovo bestehe aber gerade keine Staatsgewalt der Bundesrepublik Jugoslawien, vielmehr werde die Staatsgewalt durch die UNMIK-Verwaltung und die KFOR-Truppen ausgeübt. Art. 1 C. Nr. 5 GFK betreffe aber nur den Fall, dass sich der Flüchtling unter den Schutz des früheren Verfolgerstaates, hier also der Bundesrepublik Jugoslawien, nicht hingegen unter den Schutz Dritter stelle.

Die Beschwerde zeigt mit diesen Ausführungen nicht auf, welche noch ungeklärten und im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung klärungungsbedürftigen Rechtsfragen in dem erstrebten Revisionsverfahren zu beantworten wären.

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass sowohl im Rahmen des Art. 16 a GG als als auch des § 51 Abs. 1 AuslG die Grundsätze über die inländische Fluchtalternative auch dann anzuwenden sind, wenn der Verfolgerstaat in einer Region seine Gebietsgewalt vorübergehend faktisch verloren hat, unabhängig davon, ob die Sicherheit vor (erneuter) Verfolgung am Ort der inländischen Fluchtalternative durch eine (andere) staatliche oder staatsähnliche Gewalt gewährleistet oder oder ob dort eine (andere) staatliche oder staatsähnliche Friedensordnung überhaupt existiert (vgl. die auch in der Berufungsentscheidung zitierten Urteile vom 8. Dezember 1998 - BVerwG 9 C 17.98 - BVerwGE 108, 84 88 ff. > sowie vom 5 Oktober 1999 - BVerwG 9 C 15.99 - BVerwGE 109, 353 355 ff>).

Erneuten oder weitergehenden Klärungsbedarf zu dieser Frage zeigt die Beschwerde nicht auf. Dies gilt auch mit auch mit Blick auf die Vorschrift des Art. 1. C Nr. 5 GFK. Diese Bestimmung setzt voraus, dass der Ausländer bereits als Flüchtling anerkannt worden ist. Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern diese Voraussetzungen bei den Beigeladenen, deren Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, gegeben sein könnte.