OLG Karlsruhe

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Zitieren als:
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.07.2004 - 3 Ws 10/04 - asyl.net: M5853
https://www.asyl.net/rsdb/M5853
Leitsatz:

1. Für den objektiven Tatbestand des § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG reicht es aus, dass die unrichtigen Angaben für das ausländerrechtliche Verfahren deshalb von Bedeutung sind, weil sie sich im Allgemeinen zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels eignen.

2. § 92 Abs. 2 Nr. 2 1 Alt. AuslG ist kein nur für Ausländer geltendes Sonderdelikt. Die Vorschrift kann in ihrer fremdnützigen Begehungsvariante auch von Deutschen täterschaftlich verwirklicht werden.(Amtliche Leitsätze)

 

Schlagwörter: D (A), Strafrecht, Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung, Sonderdelikt, Ausländer, Einschleusen von Ausländern, Gewerbsmäßiges Einschleusen
Normen: AuslG § 92 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1
Auszüge:

Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Renner aaO § 92 Rdnr. 4; GK-AusIG § 92 Rdnr. 2; Hailbronner aaO § 92 Rdnr. 56; Aurnhammer aaO S. 151 f; Cantzier aaO S. 191 f) handelt es sich bei § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG nicht um ein nur für Ausländer geltendes Sonderdelikt. Die Vorschrift kann in ihrer fremdnützigen Variante vielmehr auch von Deutschen täterschaftlich verwirklicht werden (vgl. beiläufig OLG Düsseldorf NJW 2000, 1280; Stoppa aaO § 92 AuslG Rdnr. 201; Senge aaO § 92 AuslG Rdnr. 1a; Heinrich ZAR 2003, 166, 171; Lorenz NStZ 2002, 640, 644; Lutz InfAusfR 1997, 384, 388). Weder der offen formulierte Wortlaut der Norm noch der zur Gewährleistung materiell rechtmäßiger Aufenthaltstitel auf den Schutz des formellen Verfahrens abzielende Normzweck rechtfertigt eine Auslegung der Vorschrift als nur von Ausländern begehbares Sonderdelikt. Denn dem Schutzzweck der Norm laufen, wie etwa in den Fällen der Scheinehen deutlich wird, auch falsche Angaben von Deutschen zu Gunsten von Ausländern entgegen (Lorenz aaO). Das für die Sonderdeliktseigenschaft ins Feld geführte Argument, die Pflicht, einen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung nur mit wahrhaften Angaben zu belegen, könne nicht einen weiteren Personenkreis treffen als die Pflicht, eine Aufenthaltsgenehmigung einzuholen (Aurnhammer aaO S. 151), ist mit der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG vorgesehenen Möglichkeit einer fremdnützigen Tatbegehung nicht zu vereinbaren. Denn in Fällen, in denen falsche Angaben gemacht werden, um für einen anderen ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, fallen Wahrheitspflicht und Pflicht zur Einholung eines Aufenthaltstitels notwendigerweise personell auseinander. Bei dieser Fallkonstellation fehlt für die Herausnahme von Deutschen oder nicht aufenthaltsgenehmigungsbedürftigen Ausländern (Cantzler aaO S. 193) aus dem Kreis möglicher Täter jeglicher Sachgrund (vgl. Heinrich aaO 171; Lorenz aaO). Der Versuch, die Tatbestandsreduktion unter Hinweis auf eine bei generell aufenthaltsgenehmigungsbedürftigen Ausländern bestehende erhöhte Gefahr fremdnütziger Tatbegehung strafpräventiv zu begründen (Cantzier aaO S. 193 f), vermag nicht zu überzeugen. Schließlich spricht der Umstand, dass die durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28.10.1994 (BGBII 3186) erfolgte Neufassung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG ausdrücklich mit Blick auf die Problematik der Scheinehen vorgenommen wurde (vgl. BT-Drucksache 12/5683 S. 8), ohne zwischen der Strafbarkeit der deutschen und ausländischen Ehepartner zu differenzieren, gegen eine Interpretation der Vorschrift als Sonderdelikt. Dass § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG in seiner eigennützigen Begehungsvariante ebenso wie die sonstigen Strafvorschriften des § 92 AuslG nur von Ausländern verwirklicht werden können, rechtfertigt kein anderes Auslegungsergebnis.