SG Braunschweig

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Zitieren als:
SG Braunschweig, Beschluss vom 25.01.2005 - S 20 AY 2/05 ER - asyl.net: M6195
https://www.asyl.net/rsdb/M6195
Leitsatz:

Rechtsmissbräuchliche Verlängerung der Aufenthaltsdauer nur bei zumutbarer Ausreisemöglichkeit; keine Möglichkeit der freiwilligen Ausreise für Ashkali ins Kosovo; Leistungen nach § 2 AsylbLG.

 

Schlagwörter: D (A), Kosovo, Ashkali, Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialhilfe, Gesetzesänderung, Freiwillige Ausreise, Zumutbarkeit, Aufenthaltsdauer, Rechtsmissbrauch, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Einstweilige Anordnung
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; SGG § 83b Abs. 2
Auszüge:

Rechtsmissbräuchliche Verlängerung der Aufenthaltsdauer nur bei zumutbarer Ausreisemöglichkeit; keine Möglichkeit der freiwilligen Ausreise für Ashkali ins Kosovo; Leistungen nach § 2 AsylbLG.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel den Antragsgegner zur vorläufigen Gewährung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG i. d. F. vom 5.8.1997 BGBI. I S, 2022 zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.7.2004 BGBl. I S. 1950) zu verpflichten, ist begründet.

Der Antragsteller hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG glaubhaft gemacht. Der länger als 36 monatige Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG ist unstreitig. Glaubhaft gemacht ist ebenso, dass er die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts setzt vor allem voraus, dass der Ausländer eine zumutbare Ausreisemöglichkeit in sein Heimatland hat, damit er überhaupt auf die Dauer seines Aufenthalts Einfluss nehmen kann. Der Rückkehr des Antragstellers in seine Heimat stehen derzeit humanitäre Gründe im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG alte Fassung entgegen. Daher kann ihm aktuell auch die freiwillige Ausreise in seine Heimat nicht zugemutet werden und eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer ist nicht ersichtlich.

Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsteller unstreitig zu der ethnischen Volksgruppe der Ashkall gehört und aus dem Kosovo stammt. Nach den März-Unruhen im Jahre 2004 sind aufgrund der sehr instabilen Sicherheitslage zunächst alle Abschiebungen storniert worden (Bundesamt für die Anerkennung aus!ändischer Flüchtlinge, Serbien und Montenegro/Kosovo vom Juli 2004, Seite 14). Auch im September 2004 hatte sich die Lage offenbar noch nicht derart stabilisiert, dass Rückführungen wieder möglich wurden (vgl. Erlass des nds. Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.9.2004. Az.: 45.22-12231/3-6- SCG-K). Auch wenn der Verdacht bestand, dass die UNMIK/ORC die Parlamentswahlen im Oktober und die sich daran anschließenden Wintermonate abwarten wolle, führte dies jedoch nicht zu einer Wiederaufnahme von Abschiebungen. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich hieraus, dass eine freiwillige Ausreise von Ashkali in den Kosovo bis zu einer Wiederaufnahme der Rückführungen durch die UNMIK/ORC nicht zumutbar ist (vgl auch VG Oldenburg - 13 B 3972/04 - Beschluss vom 23.11.2004).