VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 08.02.2005 - 12 TG 215/05 - asyl.net: M6279
https://www.asyl.net/rsdb/M6279
Leitsatz:

Eine Aufenthaltserlaubnis für den nicht sorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen kann gem. § 28 Abs. 1 S. 2 AufenthG auch bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes erteilt werden.

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Familienzusammenführung, Deutsche Kinder, Familiäre Lebensgemeinschaft, Regelversagungsgründe, Straftäter, Gesetzesänderung, Zuwanderungsgesetz, Ermessen, Kindeswohl, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AuslG § 17 Abs. 1; AuslG § 23 Abs. 1 Nr. 3; AuslG § 7 Abs. 2 Nr. 1; AufenthG § 28 Abs. 1 S. 2; AufenthG § 27 Abs. 1; AufenthG § 5 Abs. 1
Auszüge:

Eine Aufenthaltserlaubnis für den nicht sorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen kann gem. § 28 Abs. 1 S. 2 AufenthG auch bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes erteilt werden.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Aufgrund des Beschwerdevorbringens (§146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO) ist nach der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Gesetzeslage die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. weil die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der gebotenen Beurteilung nach dem neuen Recht des Aufenthaltsgesetzes den gesetzlichen Anforderungen derzeit nicht genügt.

Der Senat hat für seine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Gesetzeslage nach dem Aufenthaltsgesetz seit dem 1. Januar 2005 zuGrunde zulegen, weil es sich in der Hauptsache um ein Verpflichtungsbegehren handelt und im Übrigen ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Mangels einer anderslautenden Übergangsvorschrift (siehe dagegen für vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis die Regelung in § 104 AufenthG) sind noch nichtbestandskräftig entschiedene Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nunmehr nach dem neuen Recht zu beurteilen, was im gerichtlichen Eilverfahren bei der Bewertung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 i. V .m. § 27 Abs. 1 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Fatniliennachzugs abweichend von § 5 Abs. 1 AufenthG dem nichtsorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Lebensgemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. Die tatbestandlichen. Voraussetzungen des Führens einer familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet sind durch die eidesstattliche Versicherung der für das Kind sorgeberechtigten ehemaligen Ehefrau des Antragstellers vom 3. Dezember 2004 in einer für das Eilverfahren hinreichenden Weise dargetan. Falls die Antragsgegnerin hieran weiterhin Zweifel haben sollte, kann eine vertiefende Sachverhaltsaufklärung im Widerspruchsverfamen erfolgen. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, hat die Antragsgegnerin Ermessen auszuüben, wobei - bei summarischer Überprüfung nicht zu beanstandende - Maßstäbe, für die Ermessensausübung vorgegeben sind durch Ziffer 28.1.6 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz (Stand: - 22.12.2004). Im Unterschied zur Rechtslage nach dem Auslfändergesetz stellt die Erfüllung eines Ausweisungsgrundes im Falle des § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG keinen Regelversagungsgrund mehr dar, der eine Ermessensausübuqg ausschließen würde. Denn nach § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich "abweichend von § 5 Abs.1" (AufenthG) erteilt werden und damit ausdrücklich auch bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Eine Aufenthaltserteilung nach Ermessen ist hiernach auch dann möglich und entsprechend eine Ermessensausübung geboten, wenn ein Ausweisungsgrund gegeben ist.

Dies wird so auch von Ziffer 28.1.6 der vorläufigen Anwendungshinweise vorausgesetzt. Eine entsprechende Ermessensausübung fehlt in der ausländerbehördlichen Verfügung, vielmehr ist die Verfügung allein auf das Vorliegen des Regelversagungsgrundes gestützt. Im Rahmen der nachzuholenden Ermessensausübung wird auch die Frage des Kindeswohls zu berücksichtigen sein (siehe Ziffern 28.1.6.1 und 28.1.6.3 der vorläufigen Anwendungshinweise).