OLG Zweibrücken

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Zitieren als:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.09.2004 - 3 W 195/04 - asyl.net: M6307
https://www.asyl.net/rsdb/M6307
Leitsatz:

Zur Verletzung des Rechts aus § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO wegen fehlende Anhörung durch den Richter. (Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Verlängerung, Anhörung, Sofortige weitere Beschwerde
Normen: FEVG § 5 Abs. 1 S. 1; FGG § 12; GG Art. 104 Abs. 1 S. 1
Auszüge:

In der Sache führt die sofortige weitere Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Denn der Einzelrichter hat den Betroffenen entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG nicht persönlich angehört und damit gegen § 12 FGG verstoßen. Gemäß Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf in die Freiheit einer Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen eingegriffen werden. Zu den danach geforderten und mit grundrechtlichem Schutz versehenen Verfahrensgarantien gehört in Abschiebungshaftsachen die in § 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG in Verbindung mit § 12 FGG statuierte richterliche Pflicht, den betroffenen Ausländer vor Anordnung oder Verlängerung von Abschiebungshaft grundsätzlich mündlich anzuhören (vgl. BVerfG InfAuslR 1996, 198, 200; BayObLGZ 1999, 12 ff, jeweils zitiert nach juris). Diese Pflicht besteht nach allgemeiner Ansicht auch für das Beschwerdegericht (st. Rspr. des Senates, vgl. etwa Beschluss vom 7. April 2003 - 3 W 69/03 -; BayObLGZ aaO; OLG Karlsruhe FGPrax 1998, 116; OLG Hamm FGPrax 1997, 77; OLG Brandenburg NVwZ-Beilage I 2/2000, 22; Marschner/Volckart, FEVG 4. Aufl. 5 Rdnr. 4). Von dieser Anhörung kann nur dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Sachverhalt bereits vom Amtsgericht umfassend aufgeklärt und der Betroffene bereits in erster Instanz zu allen für die Haftentscheidung maßgeblichen Punkten gehört wurde, so dass ausgeschlossen scheint, dass die erneute Anhörung durch das Beschwerdegericht zur Feststellung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen führt (OLG Hamm aaO; Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Februar 2001 - 10 Wx 6/01 -; BayObLGZ aaO; OLG Düsseldorf NVwZ-Beilage 1996, 31, 32, jeweils zitiert nach juris).

Ein solcher Ausnahmetatbestand ist entgegen der Darlegung des Landgerichts hier nicht gegeben. Denn das Amtsgericht hatte den Betroffenen - ebenfalls unter Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1, Art. 103 Abs. 1 GG, § 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG, § 12 FGG - im Rahmen des Verlängerungsverfahrens gerade nicht angehört.