VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Urteil vom 09.02.2005 - 5 UE 3197/02.A - asyl.net: M6839
https://www.asyl.net/rsdb/M6839
Leitsatz:

Tamilen waren in Sri Lanka weder 1991 noch sind sie aktuell von landesweiter Gruppenverfolgung allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit bedroht.

 

Schlagwörter: Sri Lanka, Tamilen, Gruppenverfolgung, LTTE, Interne Fluchtalternative, Verfolgungszusammenhang, Colombo, Nachfluchtgründe, Situation bei Rückkehr
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 28
Auszüge:

Tamilen waren in Sri Lanka weder 1991 noch sind sie aktuell von landesweiter Gruppenverfolgung allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit bedroht.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den den Beigeladenen als asylberechtigt anerkennenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 18. August 1993 nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative Asylverfahrensgesetz - AsylVfG -) im Ergebnis zu Unrecht abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Beigeladenen als Asylberechtigten und für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), der an die Stelle des bisher geltenden § 51 Abs. 1 Ausländergesetz - AuslG - getreten ist, liegen nicht vor (A.).

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beigeladenen zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahre 1991 im Norden Sri Lankas eine gruppengerichtete politische Verfolgung allein wegen seiner tamilischen Volkszugehörigkeit etwa durch Übergriffe der srilankischen Regierungstruppen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die LTTE drohte (hierzu bejahend bis 1995 der 12. Senat des Hess. VGH in ständiger Rechtsprechung, siehe Urteil vom 11.12.1995 - 12 UE 2151/95 -; bejahend für das Jahr 1991 auch der 10. Senat, Urteil vom 10.12.1996 - 10 UE 2117/95 -; siehe auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 01.03.1994 - 12 L 7098/91 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.11.1992 - 21 A 13040/91.A -). Jedenfalls stand einem srilankischen Staatsangehörigen tamilischer Volkszugehörigkeit vor seiner Ausreise im Großraum Colombo eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung (vgl. Urteil des Senats vom 03.05.2000, a.a.O., S. 35 ff; eine Fluchtalternative bei Ausreise Anfang der neunziger Jahre bejahend auch 10. Senat des Hess. VGH, so u. a. Urteile vom 11.06.1996 - 10 UE 1919/95 und 10 UE 3183/95 -, vom 01.11.1996 - 10 UE 1988/95 - sowie vom 10.11.1998 - 10 UE 3035/95). Ein srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit hatte dort grundsätzlich die Möglichkeit, wenn auch unter bescheidenen Verhältnissen, verfolgungsfrei zu leben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf sein in das Verfahren eingeführtes Urteil vom 3. Mai 2000 - 5 UE 4657/96.A - sowie auf die darin angeführten Erkenntnisse, die auch in das vorliegende Verfahren eingeführt wurden, Bezug.

Der unverfolgt ausgereiste Beigeladene kann seine Asylanerkennung auch nicht aufgrund eines im Sinne von § 28 AsylVfG beachtlichen Nachfluchtgrundes verlangen.

Der Senat ist auf der Grundlage der in dieses Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen der Überzeugung, dass tamilischen Volkszugehörigen heute und in naher Zukunft in keinem Landesteil Sri Lankas mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine staatliche oder dem Staat zurechenbare asylerhebliche Verfolgung allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit (Gruppenverfolgung) droht (Urteil vom 03.05.2000, a.a.O., S. 38. ff.; so auch u. a. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.2000 - 21 H 3962/96.A -; OVG Berlin, Urteil vom 06.10.2000 - 3 B 56.95 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.02.2001 - A 6 S 1888/00 - ; OVG Thüringen, Urteil vom 17.12.1998 - 3 KO 869/96 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.07.1998 - 11 A 10473.98 OVG -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.04.2001 - 1 L 79/00 -; OVG Bremen, Urteil vom 14.06.2002 - 2 A 42/01.A -).