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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 26.01.2006 - 5183511-438 - asyl.net: M7867
https://www.asyl.net/rsdb/m7867
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Jesiden, Gruppenverfolgung, mittelbare Verfolgung, nichtstaatliche Verfolgung, interne Fluchtalternative, Nordirak, Abschiebungshindernis, alleinstehende Frauen, geschiedene Frauen, Scheidung, Existenzminimum, Situation bei Rückkehr
Normen: GG Art. 16a; AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Bei einer Rückkehr in den Irak würde der Antragstellerin wegen ihrer yezidischen Glaubenszugehörigkeit weder eine staatliche bzw. eine dem Staat zurechenbaren politischen Verfolgung drohen.

Übergriffe Dritter gegen Yeziden sind zwar im Einzelfall nicht auszuschließen.

Gewalttätige Übergriffe sind der irakischen Regierung jedoch nicht zuzurechnen. Bereits in der Vergangenheit gab es erhebliche Anstrengungen, die innere Sicherheit auch mit Hilfe irakischer Polizisten wiederherzustellen (vgl. Auswärtiges Amt: Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 02.11.2004, Az.: 508-516.80/3 IRQ). Davon ist auch weiterhin auszugehen.

Auch liegen die Voraussetzungen zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 1 Satz 4 c AufenthG nicht vor, denn der Antragstellerin droht keine landesweite Verfolgung im Hinblick auf ein asylrelevantes Merkmal durch nichtstaatliche Akteure. Insoweit wird ebenfalls auf die vorherigen Ausführungen insbesondere auf die mögliche inländische Fluchtalternative im Nord-Irak, dem Siedlungsgebiet der Yeziden, hingewiesen.

Die für den Folgeantrag angegebene Begründung führt zu einer für die Antragstellerin günstigeren Entscheidung, weil nunmehr vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich des Iraks auszugehen ist.

Die glaubhaften Angaben der Antragstellerin führen im Ergebnis, unter Berücksichtigung ihrer yezidischen Glaubenszugehörigkeit, der Trennung von ihrem Ehemann sowie des sozio-kulturellen Umfeldes der Yeziden bei einer Rückkehr in den Irak, dazu, dass sie weder in ein familiäres noch in ein anderweitiges soziales Umfeld eingegliedert werden kann. Bei einer Rückkehr in den Irak droht ihr auf Grund der dortigen derzeitigen Situation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche individuelle und konkrete Gefahr für Leib und Leben. Die derzeitige Arbeitsmarktlage im Irak führt dazu, dass die Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit, insbesondere auch als allein stehende Frau und als yezidische Glaubenszugehörige, keine Arbeit finden würde. Da sie auch, wie bereits zuvor gesagt, in kein soziales Umfeld eingegliedert werden kann, bestehen auch erhebliche Zweifel daran, dass sie überhaupt eine geeignete Wohnung finden würde. Von daher ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie ihr Existenzminimum selbst nicht sicherstellen kann. Zudem wäre sie bei einer Rückkehr als alleinstehende Frau yezidischer Glaubenszugehörigkeit, einer besonderen Gefährdung zum einen durch die kriminellen Banden ausgesetzt. Zum anderen würde sie sich auch einer Gefährdung durch die islamistischen Tendenzen gegenübersehen, die es ihr erheblich erschweren würden, eine Wohnung ohne auf eine männliche Begleitung zurückgreifen zu können, zu verlassen.