OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 01.02.2007 - 2 W 37/06 - asyl.net: M9487
https://www.asyl.net/rsdb/M9487
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Härtefallkommission, Härtefallantrag, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Zuständigkeit, sachliche Zuständigkeit, Prüfungskompetenz, Ausländerbehörde, Bundesamt, Asylgesuch, Asylantrag, nichtstaatliche Verfolgung, Blutrache
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; AufenthG § 23a; AufenthG § 60 Abs. 2 - 7; AufenthG § 60 Abs. 7; AsylVfG § 13; AsylVfG § 14
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.11.2006 - 2 F 76/06 -, mit dem ihr Begehren auf "Wiederherstellung" der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die unter dem 29.9.2006 ihnen gegenüber ergangenen Abschiebungsandrohungen der Antragsgegnerin zurückgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die nach dem Vortrag der Antragsteller inzwischen erfolgte Stellung eines Antrags an die Härtefallkommission des Saarlandes kein rechtliches Vollstreckungshindernis im Verständnis des § 60a Abs. 2 AufenthG zu begründen vermag (vgl. entsprechend für die Anrufung des Petitionsausschusses im Landtag des Saarlandes durch den von der Abschiebung bedrohten Ausländer OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.10.2006 - 2 W 29/06 -). Dabei mag dahinstehen, ob in anderen Fällen der Einschaltung der Kommission - wie die Antragsteller behaupten - tatsächlich eine entsprechende Übung besteht, die im Übrigen nur dann als Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) gewertet werden könnte, wenn sie bei der konkret entscheidenden Ausländerbehörde, also hier der Antragsgegnerin, feststellbar wäre. Davon kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden. Der Fall der Antragsteller dürfte sich zudem von der Sachlage her von den üblicherweise der Härtefallkommission angetragenen Fällen wesentlich unterscheiden.

Die Antragsgegnerin ist vorliegend bei ihren Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht der Antragsteller auch nicht gehalten, die von diesen für den Fall ihrer Rückkehr nach Albanien geltend gemachte "Blutracheproblematik" unter dem Blickwinkel des Vorliegens eines individuellen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit in den Blick zu nehmen.

Im Ergebnis nichts anderes gilt für den vorliegenden Fall, in dem die Antragsteller im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens gegenüber der Antragsgegnerin als Ausländerbehörde materiell ein Asylgesuch im Sinne des § 13 AsylVfG geltend gemacht, indes bewusst bisher von der Stellung eines förmlichen Asylantrags (§ 14 AsylVfG) Abstand genommen haben, um den damit verbundenen Restriktionen, insbesondere einer möglichen mit dem Erfordernis des Schulwechsels für die Antragsteller zu 2) bis 4) verbundenen Verlegung ihres ständigen Aufenthalts (§ 47 AsylVfG) zu entgehen. Auch in derartigen Fällen bleibt der Ausländerbehörde eine selbständige Entscheidung über die Gewährung von Abschiebungsschutz aus diesen Gründen verwehrt, wenn die geltend gemachte zielstaatsbezogene Gefährdung - wie hier - thematisch dem Bereich politischer Verfolgung zuzuordnen ist und daher gegebenenfalls, das heißt, wenn sich eine entsprechende Rückkehrgefährdung im konkreten Fall tatsächlich feststellen lässt, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG begründen würde. Die von den Antragstellern geschilderte Gefährdung aufgrund der "Blutracheproblematik" in Albanien betrifft die Frage politischer Verfolgung im Sinne der Definition des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG in Form einer dem (hier: albanischen) Staat aufgrund fehlender staatlicher Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit zurechenbaren Verfolgung durch "nichtstaatliche Akteure".