Auch wenn die Homosexualität in der kosovarischen Gesellschaft weiterhin ein Tabuthema ist und Homosexuelle mit sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung zu rechnen haben, begründet dies noch nicht die Gefahr einer Verfolgung, die die Schwelle asylerheblicher Relevanz überschreitet.
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b) Gemessen an diesen Maßstäben ist das Gericht der Überzeugung, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo keine politische Verfolgung i.S. des § 60 Abs. 1 AufenthG wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht.
Der Kläger beruft sich auf eine Verfolgung wegen seiner Bisexualität. Eine staatliche Verfolgung hat der Kläger deshalb jedoch weder bei seiner Rückkehr zu befürchten noch hat er insoweit eine Vorverfolgung vorgetragen. In der Verfassung der Republik Kosovo werden gleichgeschlechtliche, zivile Partnerschaften erlaubt. (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 21.12.2012, SFH-Länderanalyse "Kosovo: Homosexualität", S. 3). Die kosovarische Verfassung verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Die Regierung ist im Zuge der Umsetzung des Anti-Diskriminierungsgesetzes vielmehr bemüht, in der Bevölkerung für Toleranz für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu werben (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo vom 17. Juni 2012, Stand: Mai 2012 – im Folgenden: Lagebericht –, S. 18).
Auch eine Vorverfolgung durch nichtstaatliche Akteure i.S. des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG, die die Schwelle asylerheblicher Relevanz überschreiten würde, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Er hat insoweit bei seiner informatorischen Befragung durch das Gericht nur vorgetragen, dass er im Jahr 2009 von unbekannten Dritten anlässlich eines Treffens mit seinem Freund beschimpft worden sei. Zu körperlichen Übergriffen sei es nicht gekommen, weil sie sofort geflüchtet seien. Danach sei in den Briefkasten seines Bruders noch ein Brief eingeworfen worden, in welchem er und die Familie des Bruders bedroht worden seien. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Beziehung des Klägers nach seinen Angaben jedoch bereits zwei Jahre, ohne dass es zu Zwischenfällen und Bedrohungen gekommen war. Auch nach dem Vorfall im Jahr 2009 kam es zu keinen weiteren Zwischenfällen. [...]
Auch wenn die Homosexualität in der kosovarischen Gesellschaft weiterhin ein Tabuthema ist und Homosexuelle mit sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung zu rechnen haben, begründet dies noch nicht die Gefahr einer Verfolgung, die die Schwelle asylerheblicher Relevanz überschreitet. Vielmehr handelt es sich um ein gesellschaftspolitisches Problem. Selbst wenn es, wie vom Kläger vorgetragen, in Einzelfällen zu gewalttätigen Übergriffen gekommen ist, rechtfertigt dies nicht die Annahme, der unverfolgt ausgereiste Kläger sei bei seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung i.S. des § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt. Im Übrigen hält auch die engere Familie des Klägers, obwohl ihr seine sexuellen Neigungen bekannt sind, zum Kläger, er ist aus dem Familienverband nicht ausgestoßen. [...]