VG Potsdam

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Zitieren als:
VG Potsdam, Beschluss vom 08.08.2017 - 6 L 555/17.A - asyl.net: M25397
https://www.asyl.net/rsdb/M25397
Leitsatz:

Nach Aufhebung einer Überstellungsentscheidung wegen der Nachholung des persönlichen Gesprächs wird durch eine wiederholende Überstellungsentscheidung kein neuer Lauf für die Überstellungsfrist in Gang gesetzt.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Überstellungsfrist, persönliches Gespräch, Anhörung,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, AsylG § 34a Abs. 1 Satz 1, VO 604/2013 Art. 5, VO 604/2013 Art. 29 Abs. 2 Satz 1
Auszüge:

[...]

Die Abschiebungsanordnung des Bundesamts kann nicht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt werden. Hiernach ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hier ist indes die Zuständigkeit Polens für die Durchführung der Asylverfahren der Antragsteller nicht mehr gegeben. Dies ergibt sich aus Folgendem: Aufgrund der Asylantragstellung am 27. April 2016 erging durch das Bundesamt nach der Generierung auf die Zuständigkeit Polens hindeutender EuroDac-Treffer unter dem 20. Juni 2016 eine Übernahmeanfrage an die Republik Polen, die unter dem 27. Juni 2016 positiv beantwortet wurde. Daraufhin lehnte das Bundesamt unter dem 2. August 2016 die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Antragsteller nach Polen an. Hiergegen erhoben die Antragsteller die Klage VG 6 K 2994/16.A und begehrten zugleich um einstweiligen Rechtsschutz im Verfahren VG 6 L 779/16.A. Diesen Eilantrag lehnte der Einzelrichter der Kammer mit Beschluss vom 29. Dezember 2016 ab. Mit der Ablehnung des Eilrechtsschutzes lief indes die Überstellungsfrist an und endete gemäß Art. 29 Absatz 2 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. EU L 180/31 vom 29. Juni 2013 – "Dublin III-VO") sechs Monate - für eine Verlängerung der Frist sind Umstände nicht ersichtlich - nach dem ablehnenden Eilbeschluss (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 -, Rn. 14, juris). Diesen Fristablauf konnte das Bundesamt durch den Erlass des hier in Rede stehenden Bescheides vom 18. April 2017 nicht dadurch unterbrechen, dass es aufgrund der Nachholung des persönlichen Gesprächs gemäß Art. 5 Dublin III-VO unter Aufhebung des ersten Überstellungsbescheides vom 2. August 2016 eine erneute Feststellung der Unzulässigkeit der Asylanträge getroffen und eine erneute Abschiebungsanordnung erlassen hat. Damit ist im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass die Zuständigkeit für die Asylverfahren der Antragsteller nunmehr bei der Antragsgegnerin liegt und mithin eine Abschiebung nach Polen nicht mehr rechtmäßig ist. [...]