OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.06.2017 - 18 B 336/17 - asyl.net: M26770
https://www.asyl.net/rsdb/M26770
Leitsatz:

Keine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG für Familienangehörige einer Person mit Ausbildungsduldung:

1. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise i.S.d. § 25 Abs. 5 AufenthG für Familienangehörige ergibt sich nicht daraus, dass einer Person (hier: dem Vater) eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG erteilt wurde, da diese auch für die geduldete Person selbst nicht die Unmöglichkeit der Ausreise begründet.

2. Ob für die Familienangehörigen eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG in Betracht kommt, war im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Familienangehörige, familiäre Lebensgemeinschaft, rechtliche Unmöglichkeit, Duldung, Unmöglichkeit der Ausreise, Ermessensduldung,
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5, GG Art. 6 Abs. 1, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 4, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 3,
Auszüge:

[...]

Allerdings haben die Antragstellerinnen auch mit der Beschwerde nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen ein solcher Anspruch zusteht. Anders als sie meinen, folgt eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht aus dem Umstand, dass dem Ehemann der Antragstellerin zu 1. und Vater der Antragstellerin zu 2. eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3, 4 AufenthG erteilt wurde, denn diese Duldung begründet auch in seiner Person nicht die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit einer Ausreise:

Nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Dringende persönliche Gründe liegen nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 geltenden Fassung vor, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. [...]

Dies ändert aber nichts daran, dass die Aufnahme einer Berufsausbildung als dringender persönlicher Grund nicht genügt, um in der Person des Auszubildenden eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne der §§ 25 Abs. 5, 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG AufenthG zu begründen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23. April 2007, BT-Drs. 16/5065 zu § 60a Abs. 2 Satz 3, S. 187; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. September 2007 - 11 S 1964/07 -, juris, Rn. 10; Haedicke, HTK-AuslR / § 60a AufenthG / zu Abs. 2 Satz 3 11/2016 Nr. 1; Kluth, in Kluth/Heusch, Ausländerrecht 2016, § 60a Rn. 23).

Der gesetzlichen Wertung entsprechend gilt nichts anders für die Familienmitglieder des Auszubildenden. Ihre Bleibeinteressen sind, sofern sie allein vom Auszubildenden abgeleitet werden, nicht höher zu bewerten als die des Auszubildenden selbst. Aus der Zuerkennung eines dringenden Grundes in der Person des Auszubildenden folgt deshalb nicht zugleich die rechtliche Unmöglichkeit ihrer Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Eine gemeinsame Ausreise ist der Familie vielmehr ungeachtet der aus § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG folgenden Wertung weiterhin grundsätzlich möglich und zumutbar. [...]