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Zitieren als:
BVerfG, Beschluss vom 24.07.2019 - 2 BvR 686/19 - asyl.net: M28020
https://www.asyl.net/rsdb/M28020
Leitsatz:

Anforderungen im  Verfahren zur Abänderung eines Eilrechtsbeschlusses:

1. Im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stehen die materielle Gerechtigkeit und die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung im Vordergrund. Dies ist insbesondere dann bedeutsam, wenn das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit betroffen ist und irreversible Nachteile drohen.

2. Wenn in einem solchen Fall eine neue ärztliche Stellungnahme zu einer bestehenden Erkrankung weitergehende, bei der früheren Eilrechtsentscheidung bisher nicht oder nicht hinreichend berücksichtigte medizinische Erkenntnisse enthält, muss eine erneute inhaltliche Befassung mit der Sache erfolgen. Andernfalls ist den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in unzumutbarer Weise verkürzt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Attest, effektiver Rechtsschutz, Beweisrecht, Beweismittel, neue Beweismittel, rechtliches Gehör, Abänderungsantrag, einstweilige Anordnung, Sachaufklärungspflicht, Amtsermittlung,
Normen: BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1, GG Art. 19 Abs. 1, GG Art. 103, GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, VwGO § 80 Abs. 7, AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1, AufenthG § 60a Abs. 2c,
Auszüge:

[...]

Auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung haben dem hohen Wert der hier betroffenen Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 117, 71 <106 f.>; 111, 307 <323 ff.>). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist anerkannt, dass sich eine Verletzung von Art. 3 EMRK auch daraus ergeben kann, dass im Fall der Rückführung einer Person, die an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die ernsthafte Gefahr besteht, dass diese wegen des Fehlens einer angemessenen Behandlung im Zielstaat der Rückführung oder wegen des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, schnellen und irreversiblen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt sein wird, die zu erheblichem Leiden oder einer beachtlichen Verminderung der Lebenserwartung führen wird (vgl. EGMR <GK> Paposhvili v. Belgium, Urteil vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, § 183). In Fällen, in denen es um die Beurteilung des Vorliegens einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK wegen einer schwerwiegenden Erkrankung geht, die sich mangels ausreichender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verfassungsrechtliches Gewicht zu (vgl. zur Gefahr, Folter oder unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt zu sein: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Dezember 2017 - 2 BvR 2259/17 -, Rn. 18; zur Beurteilung der Situation im Abschiebungszielstaat: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Juli 2017 - 2 BvR 1606/17 -, Rn. 22). Die fachgerichtliche Verneinung einer solchen Gefahr muss daher jedenfalls dann, wenn bei schwerwiegenden Erkrankungen das Fehlen ausreichender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten nicht von vornherein auszuschließen ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 -, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2012 - 2 BvR 2954/09 -, Rn. 27).

Verfassungsrechtlich kann es in solchen Konstellationen geboten sein, dass sich die Behörden und Gerichte vor einer Rückführung in den Zielstaat über die dortigen Verhältnisse informieren und gegebenenfalls Zusicherungen der zuständigen Behörden einholen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Dezember 2017 - 2 BvR 2259/17 -, Rn. 19 und vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 -, Rn. 18). Andernfalls kann es zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes geboten sein, die aufschiebende Wirkung der Klage - zunächst - anzuordnen (vgl. zur Bedeutung des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfGE 126, 1 <27 ff.>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, Rn. 17 und vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 -, Rn. 17). [...]

Das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung des Änderungsantrags in erster Linie auf die Erwägung gestützt, dass mit dem Gutachten vom ... 2019 ein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO nicht vorgetragen worden sei. Darüber hinaus hat es die Ablehnung, wie sich aus der Bezugnahme auf die Gründe der Beschlüsse vom 21. Juni 2018 und vom 10. Dezember 2018 ergibt, - selbständig tragend - damit begründet, dass das Gutachten nicht den höchstrichterlichen Mindestanforderungen an ärztliche Atteste zur Substantiierung des Vortrags einer psychischen Erkrankung genüge. Mit beiden Begründungen verfehlt das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren.

aa) Mit der Annahme, der Beschwerdeführer habe mit dem Gutachten vom ... 2019 keine eine erneute Sachentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO eröffnende Änderung der Umstände vorgetragen, überspannt das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen der Verfahrensvorschrift des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO mit der Folge, dass der Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des geltend gemachten materiellen Rechts in unzumutbarer Weise verkürzt wird.

Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell oder materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung über einen zulässigen Abänderungsantrag ist, ob nach der jetzigen Sach- oder Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2011 - 8 VR 2.11 -, juris, Rn. 8). Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann nur damit begründet werden, dass sich entscheidungserhebliche Umstände, auf denen die ursprüngliche Entscheidung beruhte, nachträglich geändert haben oder im ursprünglichen Verfahren unverschuldet nicht geltend gemacht werden konnten. Prozessrechtliche Voraussetzung für die Ausübung der dem Gericht der Hauptsache eröffneten Abänderungsbefugnis ist somit eine Änderung der maßgeblichen Umstände, auf die die frühere Entscheidung gestützt war. Liegt eine derartige Änderung nicht vor, ist dem Gericht eine Entscheidung in der Sache grundsätzlich verwehrt, weil sie auf eine unzulässige Rechtsmittelentscheidung hinausliefe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 - 2 VR 1.08 -, juris, Rn. 6). Allerdings kann der Antrag des Beteiligten auch als Anregung an das Gericht verstanden werden, die angegriffene Entscheidung gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2011 - 8 VR 2.11 -, juris, Rn. 7). Schließen sich - wie hier - an das ursprüngliche Eilrechtsschutzverfahren mehrere Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO an, so ist maßgeblicher Zeitpunkt dafür, ob nachträgliche Änderungen eingetreten sind oder ob sonstige Umstände ohne Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten, der Zeitpunkt des jeweils letzten Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Mai 2002 - 11 S 616/02 -, juris, Rn. 6; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 185).

Der Beschwerdeführer hat mit dem Gutachten vom ... 2019 eine neue ärztliche Stellungnahme vorgelegt, die ausführliche neue Angaben zu seinem Gesundheitszustand, insbesondere zu Art und Schwere der Erkrankung, zu deren Behandlungsbedürftigkeit und zu den gesundheitlichen Folgen einer fehlenden Behandlung sowie Abschiebung nach Äthiopien enthält. Mit diesen Gesichtspunkten hat sich das Verwaltungsgericht in der letzten Entscheidung vom 10. Dezember 2018 bisher nicht befasst. Es hatte den vorangegangenen Änderungsantrag mit der - im Kern gleichlautenden - Begründung abgelehnt, dass mit der ärztlichen Stellungnahme vom ... 2018 kein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorgetragen worden sei und dass die Stellungnahme auch nicht den höchstrichterlichen Anforderungen an fachärztliche Atteste zur Substantiierung des Vortrags einer psychischen Erkrankung entspreche. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den ärztlichen Feststellungen fand dabei nicht statt. Auch in den Entscheidungen davor hat sich das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die unzureichende Qualität der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht näher mit den medizinischen Feststellungen auseinandergesetzt.

Angesichts der Tatsache, dass bei der Anwendung von § 80 Abs. 7 VwGO die materielle Gerechtigkeit und die inhaltliche Richtigkeit der lediglich interimistischen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Vordergrund zu stehen hat (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 22. Ergänzungslieferung September 2011, § 80 Rn. 550), kann auch eine neue ärztliche Stellungnahme, die bereits bestehende medizinische Probleme präziser darstellt, jedenfalls dann als veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO anzusehen sein, wenn dem Gericht durch sie neue, bisher nicht oder nur unzureichend erkannte medizinische Erkenntnisse vermittelt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 542/07 -, Rn. 20; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. Ergänzungslieferung September 2018, § 80 Rn. 550). Außerdem kann eine solche ergänzende ärztliche Stellungnahme Anlass zur Ausübung des dem Gericht in § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eröffneten Ermessens bieten, von Amts wegen in eine erneute Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO einzutreten. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Sicherung der im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Rechte des Betroffenen dient, in dem Änderungen der Sach- und Rechtslage einschließlich neuer Beweismittel - vorbehaltlich der Zurückweisung präkludierten Vorbringens (§ 74 Abs. 2 AsylG) - auch noch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beziehungsweise der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen sind (§ 77 Abs. 1 AsylG). [...]

Indem das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die in den vorangegangenen Eilverfahren bereits geltend gemachte psychische Erkrankung und deren Verschlimmerung die Voraussetzung veränderter Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO verneint hat, hat es die verfahrensrechtlichen Anforderungen im Abänderungsverfahren überspannt. Wenn eine neue ärztliche Stellungnahme zu einer bereits bestehenden Erkrankung weitergehende, bei der früheren Entscheidung bisher nicht oder nicht hinreichend berücksichtigte medizinische Erkenntnisse vermittelt, stellt die Verneinung eines Änderungsgrunds und damit die Verweigerung einer erneuten Sachprüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO eine unzumutbare Erschwerung des Rechtswegs dar. Im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stehen - wie dargelegt - die materielle Gerechtigkeit und die inhaltliche Richtigkeit der lediglich vorläufigen Aussetzungsentscheidung im Vordergrund. Die Durchsetzung des materiellen Rechts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gewinnt insbesondere im Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besondere Bedeutung, wenn irreversible, nicht wiedergutzumachende Nachteile drohen. Vor diesem Hintergrund kann eine - wie hier - zu restriktive Handhabung der Änderungsgründe des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO mit der Folge, dass eine erneute inhaltliche Befassung mit der Sache unterbleibt, geeignet sein, den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in unzumutbarer Weise zu verkürzen. Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung auch nicht die in § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eröffnete Möglichkeit in Erwägung gezogen hat, von Amts wegen in eine erneute Sachprüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO einzutreten.

bb) Soweit das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Änderungsantrags auch darauf gestützt hat, dass das Gutachten vom 2019 nicht den höchstrichterlichen Anforderungen an fachärztliche Atteste entspreche, hat es darüber hinaus die Anforderungen an die prozessuale Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers überspannt und damit der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht eine im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu geringe Bedeutung beigemessen.

Der Beschwerdeführer rügt mit der Verfassungsbeschwerde zu Recht, die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Gutachten vom ... 2019 entspreche nicht den höchstrichterlichen Anforderungen an fachärztliche Atteste, sei nicht tragfähig. Tatsächlich spricht sehr viel dafür, dass das Gutachten den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Mindestanforderungen an fachärztliche Atteste zur Substantiierung des Vorbringens einer psychischen Erkrankung genügt (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 und 10 C 17.07 -, jeweils juris, Rn. 15, vgl. auch § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Es enthält Ausführungen dazu, auf welcher Grundlage die Fachärztin die Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Insbesondere trifft es Aussagen über die einbezogenen Quellen, über die eigen- und fremdanamnestischen Erhebungen sowie die eingehende eigene psychiatrische Untersuchung im Rahmen von drei Gesprächsterminen. Auch enthält es Angaben dazu, seit wann und wie häufig sich der Beschwerdeführer in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden den durch die Fachärztin erhobenen Befunden entsprechen. In diesem Zusammenhang enthält das Gutachten insbesondere eine ausführliche Überprüfung des Beschwerdevortrags auf Plausibilität und Nachvollziehbarkeit. Ferner gibt es Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf.

Indem das Verwaltungsgericht ungeachtet dessen und zudem ohne jede Begründung gleichwohl festgestellt hat, das Gutachten entspreche - ebenso wie die bisherigen ärztlichen Stellungnahmen - nicht den höchstrichterlichen Anforderungen, überspannt es die Anforderungen an die Substantiierung des Sachvortrags einer psychischen Erkrankung bei der Geltendmachung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gelten, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 und 10 C 17.07 -, jeweils juris, Rn. 15). Erfüllt ein Beteiligter - wie hier - seine prozessuale Mitwirkungspflicht und legt durch ein aussagekräftiges fachärztliches Attest substantiiert dar, dass er an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich im Fall der Abschiebung aufgrund der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung, insbesondere mangels ausreichender oder verfügbarer Behandlungsmöglichkeiten, wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, ist es Sache des Gerichts, solchen konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse in Bezug auf den Zielstaat der Abschiebung nachzugehen und sich mit diesen im Einzelnen auseinanderzusetzen. Gelangt das Gericht hierbei zu der Einschätzung, dass die ihm vorliegenden Informationen, sei es zu den Verhältnissen im Abschiebezielstaat, sei es zu der fachlich- medizinischen Beurteilung des Sachverhalts nicht ausreichend, hat es weitere Ermittlungen anzustellen. Die Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts obliegt in diesem Fall ausschließlich dem Gericht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz VwGO). Da das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall die Anforderungen an die prozessuale Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers überspannt hat und zudem jede Begründung dazu fehlt, weshalb es dem Gutachten die gebotene Substantiierung abgesprochen hat, ist schon nicht erkennbar, dass es die Bedeutung der ihm obliegenden verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht, der im Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtliches Gewicht zukommt, überhaupt erkannt und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen hat. [...]