Eilrechtsschutz wegen Abschiebungshindernis für Vater aus familiären Gründen:
"Ein aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK abzuleitendes rechtliches Abschiebungshindernis kann bestehen, wenn der Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft mit seinem Kind lebt, das aufgrund seines Alters eine auch nur vorübergehende Trennung als Verlust erleben wird, und wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann, etwa weil von einem weiteren Mitglied der familiären Lebensgemeinschaft aufgrund dessen deutscher Staatsangehörigkeit ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht verlangt werden kann."
(Amtliche Leitsätze; unter Bezug auf: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.10.2020 - 2 M 89/20 (Asylmagazin 1-2/2021, S. 38) - asyl.net: M29175)
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5 Unabhängig davon, ob dem Antragsteller ein möglicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG oder einer anderen Anspruchsgrundlage, etwa § 25 Abs. 5 AufenthG, zustehen könnte, spricht nach den im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Erkenntnissen einiges dafür, dass hier ein aus Art. 6 GG abzuleitendes rechtliches Abschiebungshindernis vorliegt.
6 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, gewährt Art. 6 GG zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. [...]
8 Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. [...] So ist eine Trennung eines Ausländers von seinem kleinen Kind zur Durchführung eines Visumverfahrens dann unzumutbar, wenn sich seine Abwesenheit voraussichtlich über mehrere Monate hinziehen wird. Eine auch nur vorübergehende Trennung von einem kleinen Kind zur Nachholung des Visumverfahrens ist auch dann unzumutbar, wenn keine belastbaren Erkenntnisse über die Dauer eines Visavergabeverfahrens für ein nationales Visum für eine Familienzusammenführung vorliegen [...].
9 Vor diesem Hintergrund erscheint eine vorübergehende Trennung des Antragstellers von seiner Familie für die Dauer eines Visumverfahrens nach derzeitigem Erkenntnisstand auf unabsehbare Zeit unzumutbar.
10 Zwar lebt der Antragsteller nicht mit seiner am … 2016 geborenen Tochter ... und seinem am … 2019 geborenen Sohn ..., bezüglich dessen er gemeinsam mit der Mutter eine Erklärung über die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts abgegeben hat, zusammen. Er hat jedoch glaubhaft gemacht, dass er wesentliche Betreuungsleistungen erbringt, in denen eine enge persönliche Verbundenheit zu seinen leiblichen Kindern zum Ausdruck kommt. So hat er zwei eidesstattliche Versicherungen seiner Ehefrau und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder vom … 2018 und … 2019 vorgelegt, in denen diese erklärt, dass er ein sehr liebevoller und guter Vater sei, der seine Tochter ... jeden Tag sehe und sehr viel mit ihr unternehme. Er gehe mit ihr auf den Spielplatz oder hole sie von der Kinderkrippe ab, bade sie, füttere sie und wechsele ihre Windeln. Auch nach der Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes kümmere er sich vorbildlich um die gemeinsamen Kinder wie auch um den älteren Sohn, der einen anderen Vater habe. Ein Zusammenleben sei beabsichtigt, scheitere derzeit aber an den Wohnverhältnissen. Mit Bescheinigung vom … 2020 des Sozialdienstes Katholischer Frauen e.V. bestätigt dieser, dass der Antragsteller seine Kinder ... und ... regelmäßig zur Kinderkrippe bzw. in den Kindergarten bringe und abhole. [...]
11 Es kommt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die von dem Vater tatsächlich erbrachte Betreuungsleitung auch von anderen Personen erbracht werden könnte [...]. Der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters wird nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich [...].
12 Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft an einem anderen Ort zu führen, etwa in Ghana, da sowohl er als auch seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder ghanaische Staatsangehörige sind. Denn im Haushalt der Kindesmutter lebt noch ein weiteres leibliches Kind der Mutter, welches die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die familiäre Lebensgemeinschaft kann aber nur im Bundesgebiet geführt werden, wenn einem Mitglied der Lebensgemeinschaft das Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht für ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit angenommen (vgl. Beschlüsse vom 01.10.1992 - 2 BvR 1365/92 -, juris Rdnr. 3 f. und vom 09.12.2021, a.a.O. Rdnr. 46). [...]