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VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 12.07.2022 - 12 L 1284/22.A - asyl.net: M30830
https://www.asyl.net/rsdb/m30830
Leitsatz:

Übergang der Zuständigkeit bei verfristetem Wiederaufnahmegesuch:

1. Gemäß Art. 23 Abs.2 Dublin-III-VO ist es nicht möglich, ein Wiederaufnahmegesuch mehr als drei Monate nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz zu stellen, auch wenn dies weniger als zwei Monate nach Erhalt einer Eurodac-Treffermeldung im Sinne dieser Vorschrift geschieht.

2. Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO als gestellt, wenn der zuständigen Behörde ein Schriftstück zugegangen ist, das von einer Behörde erstellt wurde und bescheinigt, dass ein Drittstaatsangehöriger um internationalen Schutz ersucht hat oder ihr die wichtigsten in einem solchen Schriftstück enthaltenen Informationen zugegangen sind.

(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf: EuGH, Urteil vom 26.07.2017 - C-670/16 Mengesteab gg. Deutschland (Asylmagazin 9/2017, S. 357 ff.) - asyl.net: M25274)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Wiederaufnahmegesuch, Asylantrag, Asylantragstellung, Antrag auf Internationalen Schutz, Zeitpunkt der Antragstellung,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, VO 604/2013 Art. 23 Abs. 2, VO 604/2013 Art. 20 Abs. 2, VO 604/2013 Art. 23 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

Die Zuständigkeit ist aber gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-Verordnung auf die Antragsgegnerin übergegangen. Nach dieser Vorschrift ist, wenn das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung festgesetzten Frist erfolgt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.
Die Antragsgegnerin hat die Niederlande nicht im Sinne des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung fristgemäß um die Wiederaufnahme des Antragstellers ersucht.

Nach Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-Verordnung ist ein Wiederaufnahmegesuch so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Art. 9 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen. Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System , ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 20 Abs. 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten (Art. 23 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-Verordnung).

Dabei ist Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung dahin auszulegen, dass es nicht möglich ist, ein Wiederaufnahmegesuch mehr als drei Monate nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz wirksam zu unterbreiten, auch wenn dies weniger als zwei Monate nach Erhalt einer Eurodac-Treffermeldung im Sinne dieser Vorschrift geschieht. [...]

Die hiernach allenfalls dreimonatige Frist für die Stellung des Wiederaufnahmegesuches ist jedenfalls mit Ablauf des 4. April 2021 verstrichen . Das Bundesamt hat die Niederlande indes erst am 22. Februar 2022 um Wiederaufnahme des Antragstellers ersucht. [...]

Gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung gilt ein Antrag auf internationalen Schutz als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass ein Antrag auf internationalen Schutz als gestellt gilt, wenn der mit der Durchführung der sich aus dieser Verordnung ergebenden Verpflichtungen betrauten Behörde ein Schriftstück zugegangen ist, das von einer Behörde erstellt wurde und bescheinigt, dass ein Drittstaatsangehöriger um internationalen Schutz ersucht hat, und, gegebenenfalls, wenn ihr nur die wichtigsten in einem solchen Schriftstück enthaltenen Informationen, nicht aber das Schriftstück oder eine Kopie davon, zugegangen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-670/16 - , juris, Rn. 103). [...]