Die Klage ist zulässig und begründet.
Rechtsgrundlage für den Widerruf ist § 73 Abs. 1 S. 2 AsylVfG. Er sieht vor, die Anerkennung als Asylberechtigte(r) in den Fällen des § 26 zu widerrufen, wenn die Anerkennung des Asylberechtigten, von dem die Anerkennung abgeleitet worden ist, erlischt, widerrufen oder zurückgenommen wird und der Asylberechtigte aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte. Er bringt damit die Akzessorietät des Ehegatten- und Familienasyls zum Ausdruck, vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 AsylVfG, welche sowohl in den Voraussetzungen als auch im Fortbestand von der originären Asylberechtigung abhängig sind. Dabei folgen Widerruf und Rücknahme der Asylanerkennung des Stammberechtigten aus § 73 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 AsylVfG und das Erlöschen aus § 72 Abs. 1 AsylVfG (Hailbronner, AuslR Bd. 3, § 73 AsylVfG Rd. 23; Renner, AuslR, 8. Aufl., § 73 AsylVfG Rd. 15; Marx, Kommentar zum AsylVfG, 6. Aufl. § 73 Rd. 145).
An den entsprechenden Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 2 AsylVfG fehlt es. Die Asylanerkennung der Mutter des Klägers (der sog. Stammberechtigten der Familie) ist weder zurückgenommen noch widerrufen worden. Hierzu hätte es eines behördlichen Aktes bedurft, der unstreitig nicht ergangen ist. Das Bundesamt hat vielmehr wegen der erfolgten Einbürgerung von einem Widerruf abgesehen.
Die mitgeteilte "Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit" führt auch nicht zu einem hier relevanten Erlöschen der Asylanerkennung der Mutter.
Im Gegensatz zu Widerruf und Rücknahme treten die Erlöschenstatbestände des § 72 Abs. 1 AsylVfG von Gesetzes wegen ein; es bedarf insoweit keines behördlichen Verfahrens (Renner aaO Rd. 16). Nach dem hier allenfalls in Betracht kommenden § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG erlischt die Anerkennung als Asylberechtigte/r dann, wenn der Ausländer auf Antrag eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt.
Dabei ist streitig, ob auch der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit unter diese Regelung fällt. Für Marx ist kein Grund ersichtlich, der dagegen spräche, den nachträglichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht unter diese Vorschrift zu subsumieren (aaO, § 72 AsylVfG Rd. 33); soweit ersichtlich, wird auch in der Rechtsprechung diesbezüglich keine Problematisierung vorgenommen (VG Neustadt, Urt. v. 29.06.2006 - 4 K 23337/05.NW; VG Göttingen, Urt. v. 23.03.2006 - 2 A 57/06 -; VG Braunschweig, Urt. v. 20.07.2005 - 6 A 101/04 -, in juris). Andere Stimmen in der Literatur weisen darauf hin, dass das Innehaben bzw. der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die Asylanerkennung ohnehin gegenstandslos macht, da asylrechtlichen Schutz nur derjenige erhalten kann bzw. genießt, der nicht zugleich Deutscher iSd Art. 116 Abs. 1 GG ist. Der nach Asylanerkennung erfolgende Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erledigt die Anerkennung daher eo ipso mit der Konsequenz, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit schon deshalb mit § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG nicht gemeint sein kann. Hätte er - klarstellend - erfasst werden sollen, hätte es einer anderen Formulierung bedurft (Renner aaO, § 72 AsylVfG Rd. 21, 24, ihm folgend Schäfer in GK-AsylVfG, § 72 Rd. 30: Erledigung iSd § 43 Abs. 2 VwVfG; so wohl auch Hailbronner aaO, § 72 AsylVfG Rd. 19).
Für dieses einschränkende Verständnis spricht Folgendes: Die Tatbestände des § 72 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG zeichnen die Erlöschensbestimmungen in Art 1 C der Genfer Flüchtlingskonvention (vom 28.7.1951 (BGBl II 1953, 559) - GFK) nach. Das BVerwG (Urt. vom 02.12.1991, BVerwGE 89, 232, 238f zum früheren § 15 AsylVfG vom 16.07.1982, BGBl. I, 946) hat diese Tatbestände im Lichte des Asylgrundrechts für verfassungskonform erklärt und den Anwendungsbereich speziell der Nr. 1 unter Berücksichtigung der Intention der GFK dahin eingeschränkt, dass nicht jeder Kontakt des anerkannten Asylberechtigten zu Behörden seines Heimatstaates zum Erlöschen seiner Asylanerkennung führt: ...
Als "negatives Spiegelbild der Definition des internationalen Flüchtlings" soll folglich auch § 72 AsylVfG den Kreis der Asylberechtigten auf diejenigen politisch Verfolgten beschränken, die des Grundrechtsschutzes auch noch bedürfen. Relevant ist insofern die Frage der fortbestehenden politischen Verfolgung und des fortbestehenden Schutzbedürfnisses. Dabei stellt das BVerwG maßgeblich auf die in § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) AsylVfG aufgeführten Verhaltensweisen ab, die bei objektiver Betrachtung zum Ausdruck bringen, dass der Asylberechtigte seinen Status als Asylberechtigter nicht beibehalten will.
Solche Verhaltensweisen oder Anzeichen bestehen vorliegend nicht. In der Sache ist auch nicht ersichtlich, dass sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse in Armenien nachträglich entscheidungserheblich geändert hätten. Der mit der Anerkennung verbundene rechtmäßige gewöhnliche Aufenthalt ist durch die Einbürgerung in 2002 zur deutschen Staatsbürgerschaft "erstarkt", ohne dass sich mit Blick auf das Heimatland, dessen Staatsangehörigkeit sie i.Ü. behalten hat, an dem fortbestehenden Bedürfnis nach Schutz vor politischen Verfolgung durch den deutschen Staat etwas geändert hätte. Der zitierte Sinn der Konvention, für den Flüchtling eine Ersatzheimat zu schaffen und deshalb den Schutz des Heimatlandes überflüssig zu machen, wird in diesem Fall weiterhin realisiert und hat mit zunehmender zeitlicher Dauer zur Konsequenz, dass sich der Aufenthaltsstatus verfestigt und zur deutschen Staatsangehörigkeit fortentwickelt.
Entfällt demnach ein Widerruf auf der Grundlage des § 73 Abs. 1 S. 2 AsylVfG, könnte auch nicht ersatzweise auf die Widerrufsnorm des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG wegen Wegfalls der Anerkennungsvoraussetzungen zurückgegriffen werden (a.A. VGH Mannheim, Urt. v. 10.08.2000 - A 12 S 129/00 - und VG Ansbach, Urt. v. 22.09.2004 - AN 11 K 04.31275 - beide juris).
Nach allgemeiner Auffassung ist der dem Wortlaut nach gegebene Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in Fällen des Familienasyls teleologisch zu reduzieren. Er soll in Anbetracht des Zwecks und der integrationspolitischen Zielsetzung des Familienasyls jedenfalls dann ausscheiden, wenn die speziellen Voraussetzungen des § 26 AsylVfG weggefallen sind, weil (Abs. 1) die Ehe geschieden bzw. durch Tod aufgelöst wurde oder weil (Abs. 2) das bei Antragstellung minderjährige Kind volljährig geworden oder mittlerweile verheiratet ist (VG Karlsruhe, Urt. v. 21.09.2006 - A 6 K 11328/04 - in juris; Renner aaO, § 73 AsylVfG Rd. 17f; Hailbronner aaO § 73 AsylVfG Rd. 25; alle mwN, so auch VGH Mannheim aaO). Nach der neueren Rechtsprechung des BVerwG sind bei der Festlegung der Reichweite des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG darüber hinaus die ihm zu Grunde liegenden materiellen Anforderungen der "Beendigungs-" oder "Wegfall-der-Umstände-Klausel" in Art. 1 C Nr. 5 S. 1 GFK zu beachten, die mit der Schaffung der Widerrufsbestimmung in nationales Recht übernommen und ausgestaltet werden sollte.
Dies belegt, dass § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG nicht nur teleologisch zu reduzieren sondern Konsequent auf den Widerruf originärer Anerkennungen wegen Wegfalls der politischen Verfolgung zu beschränken ist. Während der Widerrufstatbestand auf einer Klausel der Flüchtlingskonvention beruht und der Umsetzung internationalen Rechts dient, wurde das von der originären Flüchtlings- und Asylanerkennung akzessorische Institut des Familienasyls auf Empfehlungen des UNHCR eingeführt und verfolgt von daher eine andere Zwecksetzung. Im Übrigen wäre es mit dieser gewollten Akzessorietät nicht vereinbar, zwar den Beginn seiner Schutzwirkung vom Bestand der Asylanerkennung abhängig zu machen, nicht aber dessen Beendigung (vgl. Marx aaO, § 73 Rd. 151 ff).