Hausordnungen menschenrechtskonform gestalten Das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete

Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte (Stand: Oktober 2018)

Die von Hendrik Cremer und Claudia Engelmann verfasste Analyse befasst sich in erster Linie mit den Aspekten des Lebens in Gemeinschaftsunterkünften, die das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) sowie das Recht auf Schutz der Ehe und Familie beziehungsweise auf Schutz des Privatlebens (Art. 6 GG) betreffen. Neben der juristischen Einordnung wurden Praxisbeispiele in die Studie einbezogen, wofür die Hausordnungen bestehender Unterkünfte analysiert und Interviews mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zur Situation in rund 30 Unterkünften geführt wurden.

Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass es große Unterschiede zwischen den Regelungen zum Zusammenleben in Unterkünften gibt. So seien Fälle geschildert worden, in denen das Personal regelmäßig und ohne konkreten Anlass Zimmerkontrollen durchführe, während in anderen Einrichtungen das Prinzip herrsche, dass die Privaträume der Bewohnerinnen und Bewohner niemals ohne deren Einverständnis betreten würden. Sehr unterschiedliche Bestimmungen würden auch für Besuchs- und Übernachtungsregelungen sowie für Anwesenheitskontrollen gelten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unterkünften hätten nicht selten einen großen Handlungsspielraum, der auch zu willkürlichen Maßnahmen führen könne, wenn etwa Hausverbote aus geringfügigen Anlässen verhängt würden. 

Die Studie weist darauf hin, dass das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 GG sowie durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert wird und dass dabei von einer weiten Auslegung des Begriffs der Wohnung auszugehen ist. So seien Wohn- und Schlafräume in jedem Fall als Wohnung in diesem Sinne aufzufassen. In diesen Räumen stehe den Bewohnerinnen und Bewohnern auch das "Hausrecht" zu. Dies habe zur Folge, dass das Betreten dieser Räume grundsätzlich nur mit der Einwilligung der Betroffenen zulässig sei, Ausnahmen von diesem Prinzip seien nur in eng begrenzten und gesetzlich klar definierten Fällen – etwa zur Gefahrenabwehr – möglich. Bei Besuchsregelungen und bei möglichen Hausverboten sei zu beachten, dass diese Maßnahmen legitimen Zielen dienen müssten und das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten sei. Gegen alle einschränkenden Maßnahmen müsste jedenfalls eine Beschwerdemöglichkeit existieren, die sich an die staatlichen Stellen richte, auch wenn diese die Verantwortung für den Betrieb der Unterkünfte an private Betreiber oder an Sicherheitsdienste übertragen hätten.

Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze gibt die Publikation des DIMR Hinweise für die Gestaltung von Hausordnungen und für Entscheidungen im Einzelfall. Diese richten sich insbesondere an die zuständigen Akteure in Politik und Verwaltung, an die Betreiber von Unterkünften sowie an das Personal in diesen Einrichtungen. Daneben kann sie eine Orientierungshilfe für Beraterinnen und Berater bieten, die von Betroffenen auf Probleme und Konflikte in Unterkünften hingewiesen werden.


Hinweis

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