Soweit der Kläger in seinem Folgeantrag vom 21. Mai 1996 auf exilpolitische Aktivitäten für die Volksmudjaheddin - zeitlich nach dem Urteil vom 21. März 1996 - abstellt, kann er die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG beanspruchen.
Nach Art und Umfang der - nach Überzeugung des Senats tatsächlich entfalteten - exilpolitischen Aktivitäten des Klägers ist damit zu rechnen, daß diese im Iran bekannt geworden sind und den dortigen staatlichen Stellen Anlaß geben, deswegen Leben oder Freiheit des Klägers zu bedrohen.
Der Kläger bezeichnet sich als Anhänger bzw. Sympathisant der Volksmudjaheddin. Dabei handelt es sich um eine Organisation, bei der keine festen Mitgliedschaften bestehen, vielmehr bezeichnen sich deren Aktivisten in der Regel - wie der Kläger - als Anhänger oder Sympathisanten.
Der Kläger hat angegeben, seit Mai 1996 an mindestens acht Veranstaltungen oder Demonstrationen der Volksmudjaheddin in Hamburg, Berlin, Bonn, Kiel, Oberhausen und Mülheim teilgenommen zu haben. Dabei hat er, wie die - umfangreichen, im Ganzen widerspruchsfreien und hinreichend detaillierten - Bekundungen im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Berufungsverhandlung ergeben, auch in einer Form teilgenommen, die nicht als bloße "nachgestellte" Aktion erscheint.
Der Kläger konnte i.ü. nicht nur die politischen Ziele der Volksmudjaheddin sowie Struktur und Mitgliedsorganisationen des Nationalen Widerstandsrates des Iran (NWRI) angeben, er wußte auch über Einzelheiten der Veranstaltungen, an denen er teilgenommen hat, ihren Anlaß und die genaue Art seiner Beteiligung zu berichten. Auch über die politischen Verhältnisse im Iran und dessen politische Führer (Khamenei, Rafsandschani, Khatami) zeigte er sich hinreichend informiert.
Aus der Sicht der Machthaber im Iran sind die Volksmudjaheddin die militanteste und gefährlichste Oppositionsgruppe mit einem weltweiten Netz von Sympathisanten und aktiven Mitgliedern, die seit 1981 tätig ist. Das exilpolitische Engagement für die Volksmudjaheddin begründet die Gefahr der - darauf gestützten - Bedrohung von Leben und Freiheit des Klägers bei einer Rückkehr in den Iran. Dabei mag es offenbleiben, ob diese Gefahr bereits aufgrund der (bisherigen) Vorschriften der Art. 183 ff. des islamischen Strafgesetzbuches (islStGB) oder (auch) aufgrund des Art. 500 des (mit Wirkung ab 8. Juli 1996 neu kodifizierten Taazirat-(Abschreckungs-)Strafrechts besteht. Während nach Art. 183 ff. islStGB in Fällen, in denen der Angeschuldigte als ein "Mohareb" (ein Feind Gottes) angesehen wird, sogar die Verhängung der Todesstrafe wegen Gefährdung der islamischen Republik möglich ist, bedroht Art. 500 islStGB propagandistische Aktivitäten zugunsten von Gruppen und Organisationen, die gegen die staatliche Ordnung sind, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu einem Jahr. Diese - an die politische Überzeugung und das exilpolitische Engagement des Klägers anknüpfenden - Strafandrohungen sind für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG beachtlich. Nach den vorliegenden Auskünften ist damit zu rechnen, daß diese Strafen in der Rechtspraxis auch tatsächlich verhängt werden. Im Jahr 1996 befanden sich viele Unterstützer der Volksmudjaheddin im Iran in Haft. Es ist vorgekommen, daß Volksmudjaheddin (schon) wegen der Verbreitung von Flugblättern mit regimekritischem Inhalt hingerichtet wurden.
Es besteht - weiterhin - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers den Machthabern im Iran bekannt geworden sind und zu Verfolgungsmaßnahmen Anlaß geben.
Nach den vorliegenden Auskünften ist hinsichtlich der Anhänger der Volksmudjaheddin davon auszugehen, daß die iranischen Auslands-Nachrichtendienste - auch in Deutschland - umfassende Anstrengungen unternehmen, die Teilnehmer an Demonstrationen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen zu identifizieren; das Interesse bezieht sich grundsätzlich auf alle Teilnehmer.
Es ist ferner davon auszugehen, daß insoweit V-Männer und Agenten eingesetzt werden, um Einzelpersonen zu identifizieren. Bereits die einmalige Teilnahme eines Iraners an einer oppositionellen Demonstration kann ausreichen, um zu einer namentlichen Erfassung durch den iranischen Geheimdienst zu führen.
Soweit der Kläger an Großveranstaltungen (Oberhausen, Köln-Mühlheim) oder an Demonstrationen mit Teilnehmerzahlen von 100 - 250 teilgenommen hat, mag eine Identifizierung durch den Auslands-Nachrichtendienst des Iran schwierig sein, ausgeschlossen erscheint sie indes nicht.
Die Frage, ob eine beachtliche Wahrscheinlichkeit des Bekanntwerdens von exilpolitischen Aktivitäten und - daraus resultierend - der politischen Verfolgung besteht, ist je nach Art der Tätigkeit und der betroffenen Organisation differenziert zu beantworten. Nach den vorliegenden Auskünften ist im Falle der Volksmudjaheddin schon die exilpolitische Tätigkeit "einfacher" Mitglieder oder Sympathisanten mit der Gefahr von Verfolgungsmaßnahmen im Iran verbunden, wenn diese Tätigkeit, wie vorliegend anzunehmen ist, dort bekannt wird.