VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Urteil vom 15.01.1998 - 6 A 4379/96 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13412
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Frauen, Schikanen, Zwangsverheiratung, Geschlechtsspezifische Verfolgung, Soziale Gruppe, Abschiebungshindernis
Normen: GG Art. 16a; AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Die Beigeladene hatte vorgetragen, von ihrem Nachbarn, dem Sohn des Iman, bedrängt worden zu sein, ihren Ehemann zu verlassen, um mit ihm zusammenzusein. Da sie sich geweigert habe, sei ihre gesamte Familie in der Folgezeit Nachstellungen und Repressalien durch die Nachbarn ausgesetzt gewesen. So sei ihr Ehemann unter der falschen Anschuldigung, Handel mit Alkohol und Pornovideos zu betreiben, zu 80 Peitschenhieben, einem Monat Gefängnis und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Ihre Söhne seien ständig von Komiteeangehörigen belästigt worden. Auch sie selbst sei unter einem Vorwand inhaftiert worden und habe im Gefängnis einen Selbstmordversuch unternommen.

Den Beigeladenen steht weder das Asylrecht aus Art. 16 a GG zur Seite, noch ist ihnen Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zu gewähren.

Es ist bereits zweifelhaft, ob eine asylspezifische Zielrichtung der gegen die Beigeladenen und ihre Familie gerichteten Maßnahmen gegeben ist. Zwar kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Maßnahmen, Repressalien, Übergriffe und sonstigen Rechtsverletzungen, die die Beigeladenen vorgetragen haben, von asylerheblichem Gewicht sind. Jedoch ist die Frage, ob die Verfolgung "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nach der Motivation, sondern nach dem inhaltlichen Charakter der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen. Danach ist eine Verfolgung bereits dann als politisch anzusehen, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt Rechtsgutverletzungen zufügt, die diesen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzt.

Jedenfalls kann das Gericht in zusammenfassender Würdigung des Schicksals der Beigeladenen nicht feststellen, daß die Beigeladenen und die weiteren Mitglieder der Familie das Ziel von Maßnahmen wegen eines Asylmerkmals geworden sind oder solche begründet befürchten müssen. Zwar ist insbesondere die Beigeladene zu 1) von den Maßnahmen betroffen worden, weil sie eine Frau ist. Damit ist sie aber nicht betroffen als Mitglied einer sozialen Gruppe, der Frauen, dem einzigen näher in Betracht zu ziehenden Merkmal, sondern als einzelne Frau, die allein deshalb den Maßnahmen ausgesetzt ist, weil sie gegenüber dem Drängen ihres Nachbarn an ihrer Ehe festgehalten hat und diesem nicht zu Willen gewesen ist. Schutz vor solchem männlichen Verhalten kann das Asylrecht nicht bieten. Insoweit ist sie auf die Regelung des § 53 AuslG und die Bestimmungen und Möglichkeiten des allgemeinen Ausländerrechts zu verweisen.