OVG Thüringen

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Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 08.04.1998 - 3 ZKO 211/97 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13484
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, rechtliches Gehör, Sachaufklärungspflicht, Mitwirkungspflichten, Asylverfahren, Hinweispflicht, Überraschungsentscheidung, Berufungszulassungsantrag
Normen: GG Art. 103 Abs. 1; VwGO § 86
Auszüge:

Das Verwaltungsgericht hat das rechtliche Gehör der Kläger nicht verletzt. Es hat, wie aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ersichtlich, insbesondere das Vorbringen des Klägers zu 1) zur Kenntnis genommen und erwogen. Daß es seinen Vortrag als unsubstantiiert und deswegen unbeachtlich erachtet hat, ohne ihn in der mündlichen Verhandlung aufgefordert zu haben, sein Vorbringen zu ergänzen, vermag entgegen der Auffassung der Kläger einen Gehörsverstoß nicht zu begründen. Insbesondere stellt sich das Urteil des Verwaltungsgerichts unter diesem Gesichtspunkt nicht als Überraschungsentscheidung dar.

Die von den Klägern erhobene Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine Sachaufklärungspflicht dadurch verletzt, daß es den Kläger zu 1) nicht zur Ergänzung seines Vortrages aufgefordert habe, greift nicht durch. Zwar besteht nach § 86 Abs. 1 VwGO eine umfassende Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, von Amts wegen jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die Amtsermittlungspflicht findet jedoch ihre Grenze an der Mitwirkungspflicht der Beteiligten, die vor allem gehalten sind, die ihnen geläufigen Tatsachen vorzutragen, mit denen sie ihre Anträge begründen. Die Mitwirkungspflicht des Asylbewerbers besteht darin, daß dieser unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, der seine Verfolgungsfurcht begründet. Bei den in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muß der Asylsuchende eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen. Bleibt der Kläger - wie hier - hinsichtlich dieser Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Eine nicht erschöpfende Klärung des Sachverhalts fällt vielmehr dem Kläger zur Last.

Auch eine Verletzung der Hinweispflicht des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO liegt nicht vor. Eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO kommt in Asylverfahren - angesichts der bereits dargelegten Mitwirkungspflicht des Asylsuchenden - nur dann in Betracht, wenn der Asylbewerber für das Gericht erkennbar von falschen Voraussetzungen bei seiner Rechtsverfolgung ausgeht und es deshalb unterlassen hat vorzutragen, was zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich war. Der Kläger zu 1) ist ausweislich der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angehört worden. Daß er von falschen Voraussetzungen bei seiner Rechtsverfolgung ausgegangen wäre, läßt sich der Niederschrift nicht entnehmen. Vielmehr war ihm, da er von sich aus einige vor dem Bundesamt abgegebene Erklärungen klargestellt hat, offensichtlich bewußt, daß die Weiterverfolgung seines Asylbegehrens Genauigkeit in seinen Angaben erforderte.

Daß Das Verwaltungsgericht letztlich sein Vorbringen anders als erwartet gewürdigt hat, vermag einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht zu begründen.