VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.04.1998 - A 6 S 1121/96 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13486
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerber, Abschiebungshindernis, Situation bei Rückkehr, Schutz von Ehe und Familie, Existenzminimum, Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Berufung
Normen: AuslG § 53 Abs. 4
Auszüge:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG.

Soweit der 16. Senat bislang die Rechtsauffassung vertreten hat, daß § 53 Abs. 4 AuslG auch Abschiebungshindernisse umfasse, die sich aus der Anwendung von Art. 8 EMRK ergeben, hält der an seine Stelle getretene 6. Senat diese Auffassung im Hinblick auf die zwischenzeitliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr aufrecht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 - und - 9 C 54.96 - entschieden, daß § 53 Abs. 4 AuslG auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten nur insoweit verweist, als sich aus ihr Abschiebungshindernisse ergeben, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zeitpunkt der Abschiebung drohen (sog. "zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse). Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde (sog. "inlandsbezogene" Vollstreckungshindernisse) fallen dagegen nicht unter § 53 Abs. 4 AuslG. Sie sind nicht vom Bundesamt, sondern von den für den Vollzug der Abschiebung zuständigen Ausländerbehörden zu berücksichtigen.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des 16. Senats an und verweist zur Begründung vollinhaltlich auf die vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen angeführten Gründe.

Im vorliegenden Fall sind zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG nicht gegeben. Soweit die Kläger geltend machen, ihre Abschiebung würde ihr Recht auf Wahrung des Familienlebens mit ihrem Ehemann bzw. Vater verletzen, berufen sie sich auf ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, weil der Vollzug der Abschiebung die Verletzung eines geschützten Rechtsguts im Bundesgebiet bedeuten könnte. Derartige Vollstreckungshindernisse sind jedoch - wie ausgeführt - nicht vom Bundesamt im Asylverfahren, sondern von der Ausländerbehörde im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.

Soweit die Kläger weiter geltend machen, sie könnten alleine in ihrem Heimatland keine Existenzgrundlage finden, berufen sie sich zwar auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Dieses wird indessen von § 53 Abs. 4 AuslG nicht erfaßt, sondern könnte allenfalls im Rahmen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG Berücksichtigung finden.