VG Gelsenkirchen

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Zitieren als:
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.04.1998 - 5a K 7021/92.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13496
Leitsatz:
Schlagwörter: Bosnien-Herzegowina, Moslems, Gruppenverfolgung, religiös motivierte Verfolgung, Einberufung, Abschiebungshindernis, Abschiebungsandrohung, Aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Zielstaatsbezeichnung
Normen: GG Art 16a; AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 6; AuslG § 50 Abs. 2
Auszüge:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Er ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und moslemischer Religionszugehörigkeit. Eine Gruppenverfolgung moslemischer Bosnier durch die Serben in Bosnien-Herzegowina kann nicht festgestellt werden. Die Republik Bosnien-Herzegowina war und ist kein die Muslime (regional) verfolgender Staat, sondern bietet dem Kläger wie anderen bosnischen Muslimen auch, jedenfalls auf dem Gebiet der "Föderation Bosnien und Herzegowina", zu dem auch der Heimatort des Klägers gehört, Schutz vor Verfolgung. Auch die vom Kläger bei seiner Rückkehr befürchtete Einberufung zum Militärdienst wäre - falls diese Furcht überhaupt noch aktuell ist - lediglich Ausfluß einer staatsbürgerlichen Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes. Dafür, daß dies in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale geschehen könnte, spricht nichts und wird auch vom Kläger nicht behauptet.

Hingegen ist die auf der Grundlage der §§ 34 Abs. 1 AsylVfG 1992 iVm § 50 AuslG ergangene Abschiebungsandrohung rechtswidrig und antragsgemäß aufzuheben. Gemäß § 50 Abs. 2 AuslG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll und der Ausländer darauf hingewiesen werden, daß er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Benennung des Staates, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, hat den Zweck, dem Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, das ihm angedrohte Zwangsmittel sowohl rechtlich als auch tatsächlich zu überprüfen und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben. Vor dem Hintergrund der damit effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistenden Sollvorschrift des § 50 Abs. 2 AuslG ist eine enge Normauslegung geboten. Das bedeutet, daß das Abschiebungsziel in der Abschiebungsandrohung grundsätzlich angegeben werden muß und diese Angabe nur in Ausnahmefällen unterbleiben darf, etwa wenn der Ausländer sein wahres Herkunftsland verschleiert oder verschweigt. Ist - wie hier - überhaupt kein bestimmter Zielstaat bzw. lediglich die Formulierung "Heimatstaat" in der Abschiebungsandrohung angegeben, ohne daß ein Ausnahmefall vorliegt, führt das zur Unbestimmtheit und damit Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung.

Eine Bestimmbarkeit des Abschiebungsziels ist vorliegend auch nicht der Begründung des Bundesamtsbescheides vom 14. September 1992 zu entnehmen.

Denn die darin enthaltende Formulierung, der Kläger sei "jugoslawischer Staatsangehöriger" trägt eher zur weiteren Verwirrung bei. Sollte damit die im April 1992 ausgerufene Bundesrepublik Jugoslawien gemeint sein, bliebe weiter offen, in welchen Staat der Kläger abgeschoben werden soll, da sein "Heimatstaat" Bosnien-Herzegowina ist.