VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Urteil vom 02.04.1998 - 4 A 4029/98 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13508
Leitsatz:
Schlagwörter: Bosnien-Herzegowina, Abschiebungshindernis, Situation bei Rückkehr, Krankheit, Psychische Erkrankung, endogene Depression, Medizinische Versorgung
Normen: AuslG § 53 Abs. 6
Auszüge:

Die Klägerin hat Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG.

Ausweislich der überreichten fachärztlichen Atteste besteht bei der 1946 geborenen Klägerin eine schwere chronifizierte und therapieresistente ängstlich gefärbte endogene Depression. Die Klägerin ist wegen des schwerwiegenden Krankheitsbildes auf unbestimmte Zeit auf fortgesetzte nervenärztlich-psychotherapeutische Behandlung und auf die Einnahme thymoleptischer Medikamente (Antidepressiva) angewiesen. Nach dem fachärztlichen Attest würde eine Unterbrechung der Medikation, die wegen einer Unverträglichkeit von Doxepin im Medikament Aponal mit dem Medikament Stangyl erfolgen muß, den Gesundheitszustand der Klägerin in gravierender, möglicherweise irreversibler Weise verschlimmern.

Die medikamentöse Weiterversorgung in Bosnien und Herzegowina mit dem genannten Präparat Stangyl ist nach den Erkenntnissen über die medizinische Versorgung in Bosnien und Herzegowina unstreitig nicht möglich. Angesichts der erwiesenen Unverträglichkeit von Doxepin/Aponal kann die Klägerin auch nicht auf andere in Bosnien und Herzegowina erhältliche Antidepressiva verwiesen werden, denn dies würde zu einer Unterbrechung der Medikation führen, was dem Gesundheitszustand der Klägerin abträglich wäre. Dies gilt umso mehr als die mit einer Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina verbundenen Belastungen zu einer direkten Verschlechterung der Symptomatik führen würden. Es besteht aus Sicht des Gerichts deshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß, wenn die Klägerin nach Bosnien zurückkehren müßte, der bisher erreichte Behandlungserfolg hinfällig würde und sich die psychische Erkrankung der Klägerin verschlimmern würde, wobei die in ihrem Fall erforderlichen Medikamente dort nicht zur Verfügung stehen. Insoweit handelt es sich um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis i.S.v. § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG.