VG Minden

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Zitieren als:
VG Minden, Urteil vom 16.03.1998 - 1 K 2254/97.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13654
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Christen (armenisch-orthodoxe), Armenier, Festnahme, Verdacht der Spionage, Vermögensbeschlagnahme, Denunziation, religiös motivierte Verfolgung, Interne Fluchtalternative, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Antragstellung als Asylgrund, Glaubwürdigkeit
Normen: GG Art. 16a
Auszüge:

Das Bundesamt hat den Beigeladenen zu Recht als Asylberechtigten anerkannt und festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

Eine Bedrohung des Beigeladenen ergibt sich allerdings nicht allein aus seiner christlichen Religionszugehörigkeit. Denn die drei von der Verfassung anerkannten Offenbarungsreligionen (Islam, Christentum und Judentum) sowie die ebenfalls durch die Verfassung geschützten Zoroastrier leben im wesentlichen friedlich nebeneinander. Die traditionell im Iran vertretenen armenischen Christen sind grundsätzlich in die Gesellschaft integriert und keinen staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt.

Im Falle des Beigeladenen ergeben sich jedoch Besonderheiten, weil er in Anknüpfung an seine armenische Volkszugehörigkeit und seine christliche Glaubensüberzeugung von einem muslimischen Nachbarn aus Sozialneid grundlosen Verdächtigungen einer gegen den Staat gerichteten Spionagetätigkeit ausgesetzt worden ist. Diese Maßnahmen gingen schließlich so weit, daß durch staatliche Maßnahmen (Gerichtsurteil) das gesamte Vermögen des Beigeladenen und dessen wirtschaftliche Existenz vernichtet worden ist, so daß er vollständig auf Unterstützung durch seine Familie angewiesen war. Da die staatlichen Organe im Iran in die Vorgänge eingeschaltet waren und es zu einem förmlichen Beschlagnahmeverfahren gekommen ist, handelte es sich bei den Maßnahmen nicht um private Übergriffe mißgünstiger Nachbarn, sondern um Verfolgungsmaßnahmen, die dem iranischen Staat zuzurechnen sind.

Nach der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz ist nicht erkennbar, daß für den Beigeladenen eine inländische Fluchtalternative im Iran besteht. Denn der Spionagevorwurf würde den Beigeladenen letztlich an jedem Ort treffen und zu neuerlichen Konsequenzen führen, auch wenn sich der Beigeladene zwischenzeitlich erneut eine wirtschaftliche Existenz erarbeitet hätte.