VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 30.03.1998 - 8 L 2150/97 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13666
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Bosnier, Bosnien-Herzegowina, Justizvollzugsanstalt, Militärangehörige, Moslemisch-Kroatische Föderation, Situation bei Rückkehr, Amnestie, Verfolgung durch Dritte, Mittelbare Verfolgung, Schutzbereitschaft, Familienangehörige, Sippenhaft, Abschiebungshindernis, Suspensiveffekt, Abschiebungsandrohung
Normen: AuslG § 53 Abs. 4; EMRK Art. 3
Auszüge:

Die Befürchtung der Kammer, daß gerade die Antragsteller in Bosnien-Herzegowina einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen sein könnten, hängt mit deren besonderer Situation zusammen.

Diese stellt sich vorliegend so dar, daß der Antragsteller zu 2., der wie seine Familienangehörigen der bosniakischen Volksgruppe angehört, vor seiner Flucht in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994 seit Juli 1981 als Offizier - zuletzt als Hauptmann 1. Klasse - in der jugoslawischen Volksarmee gedient hat. Nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen ist nicht auszuschließen, daß der Antragsteller zu 2. in dem für eine Rückkehr allein in Betracht kommenden - moslemisch dominierten Teil der Föderation Bosnien-Herzegowina der Gefahr ausgesetzt ist, Opfer von Verfolgung werden, und zwar nicht wegen seiner Volkszugehörigkeit, wohl aber wegen seiner Tätigkeit in der der serbischen Volksgruppe nahestehenden Armee des ehemaligen Jugoslawien. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, ob das bosnisch-herzegowinische Amnestiegesetz aus dem Jahre 1996 auf den Antragsteller zu 2., der nach den in Übersetzung vorgelegten Unterlagen im Jahre 1994 ordnungsgemäß nach Ablauf seiner Dienstzeit entlassen worden ist und nicht etwa desertiert ist, Anwendung findet und ob es von den Behörden auch ordnungsgemäß umgesetzt wird.

Der Antragsteller zu 2. unterliegt nämlich vor allem der Gefahr, Opfer von Verfolgungsmaßnahmen durch Private, gegen die einzuschreiten die Ordnungskräfte nicht willens sind, zu werden, weil er wegen seiner Tätigkeit in der ehemaligen jugoslawischen Armee als Verräter angesehen wird, da er sich der eigenen - bosniakischen - Volksgruppe gegenüber illoyal verhalten hat.

Auch hinsichtlich der Antragsteller zu 2. - 4. sieht die Kammer eine vergleichbare und rechtlich gleich zu behandelnde Situation, da diese als Ehefrau und Kinder eines Angehörigen der serbischen Armee - zumindest bei der in Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen rechtlichen Überprüfung - der Gefahr unterliegen, in die Verfolgung des Vaters bzw. des Ehemannes miteinbezogen zu werden.