VG Gera

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Zitieren als:
VG Gera, Urteil vom 11.03.1998 - 5 K 20650/94 GE - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13688
Leitsatz:
Schlagwörter: Jugoslawien, Kosovo, Albaner, Gruppenverfolgung, LDK, Vorstandsmitglieder, Funktionäre, Demonstrationen, Haft, Hausdurchsuchung, Glaubwürdigkeit, Drittstaatenregelung, Interne Fluchtalternative
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AsylVfG § 26a
Auszüge:

Der Kläger, der von 1981 bis 1990 aus politischen Gründen in Jugoslawien inhaftiert war, hat glaubhaft dargelegt, daß er sich auch nach seiner Haftentlassung für die Sache der Albaner politisch engagiert hat und aus begründeter Furcht vor abermaliger Verhaftung wegen seiner politischen Tätigkeit seine Heimat verlassen hat.

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, daß sich der Kläger nach seiner Haftentlassung weiter politisch engagiert hat. Er war Vorstandsmitglied der LDK im Stadtteil Vranjevac ("Kodra e Trimave") in Pristina. Des weiteren hat sich der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung schilderte, als Mitglied einer albanisch revolutionären Partei für die Befreiung Kosovos eingesetzt und die Bevölkerung im Umgang mit Waffen unterrichtet.

Am 11.8.1993 wurde der Kläger von der Polizei festgenommen, nach seinen LDK-Aktivitäten befragt und unter Auflagen wieder freigelassen, was ihn dann bewog, wie er in der mündlichen Verhandlung schilderte, sich im folgenden versteckt zu halten.

Unmittelbar zur Ausreise veranlaßt hat den Kläger eine polizeiliche Hausdurchsuchung am 16.9.1993. Hierbei wurde nach Waffen und Propagandamaterial gesucht, die Frau des Klägers mißhandelt und das Haus demoliert.

Der Kläger ist nach Überzeugung des Gerichts vor drohender politischer Verfolgung aus seiner Heimat geflüchtet. Angesichts der Tatsache, daß Mitstreiter des Klägers verhaftet und das Haus des Klägers mit großem Polizeiaufgebot und unter Einsatz von Gewalt durchsucht worden war, mußte der Kläger mit seiner eigenen bevorstehenden Verhaftung und zudem einer empfindlichen Bestrafung rechnen, zumal er in den Augen der serbischen Behörden einen Wiederholungstäter darstellte. Der Kläger wäre nicht in erster Linie wegen kriminellen Verhaltens verhaftet worden, sondern aus politischen Gründen.

Es bestehen ernstliche Zweifel daran, daß der Kläger im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo vor solchen Verfolgungsmaßnahmen sicher wäre.

Der Kläger war bei seiner Ausreise aus dem Kosovo landesweit in einer ausweglosen Lage. Eine inländische Fluchtalternative bestand und besteht nicht.