VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Urteil vom 15.11.1998 - A 14 K 13820/97 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13694
Leitsatz:
Schlagwörter: Algerien, Folgeantrag, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, Exilorganisationen, L Espoir, Funktionäre, Demonstrationen, Medienberichterstattung, Radiointerview, Petition, Publikationen, Überwachung im Aufnahmeland
Normen: GG Art. 16a
Auszüge:

Die Beklagte hat aufgrund des Asylfolgeantrags des Klägers Ziff. 1 vom 15.08.97 die Anerkennung des Klägers Ziff. 1 als Asylberechtigten und die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zu Unrecht abgelehnt.

Zwar kann aufgrund der rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Asylverfahren nicht mehr festgestellt werden, ob die Kläger vor Verlassen ihres Heimatlandes asylerheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt waren, da sie insoweit keine neuen Tatsachen oder Beweismittel glaubhaft gemacht haben. Dem Kläger Ziff. 1 droht jedoch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr politische Verfolgung, da er sich in der Bundesrepublik Deutschland nachweisbar in exponierter Weise exilpolitisch betätigt und dabei in vielfältiger Weise auf die Verletzung von Menschenrechten in seinem Heimatland und die Verantwortung des algerischen Staates hierfür hingewiesen hat. Wegen dieser nicht unerheblichen exilpolitischen Tätigkeit des Klägers Ziff. 1 müßte er bei Rückkehr in sein Heimatland nach Überzeugung des Gerichts mit asylerheblichen Beeinträchtigungen rechnen. Aus diesem Grunde ist ihm und seiner Familie eine Rückkehr in sein Heimatland nicht zumutbar.

Aufgrund der zahlreichen exilpolitischen Aktivitäten geht das Gericht davon aus, daß diese dem in Deutschland tätigen algerischen Geheimdienst nicht verborgen geblieben sind. Der Kläger Ziff. 1 hat hier glaubhaft ausgeführt, daß er bei Veranstaltungen von Personen fotografiert worden sei, die nach seinen Erkenntnissen Mitglieder der algerischen Botschaft seien. In den vom Exilverein des Klägers Ziff. 1 herausgegebenen Flugblättern, Plakaten und Zeitungsberichten werden die algerische Regierung und die algerischen Sicherheitskräfte sowohl für die zahlreich stattfindenden Massaker als auch für sonstige Menschenrechtsverletzungen direkt verantwortlich gemacht und angeklagt. Dem algerischen Staat werden Foltermethoden und das Verschwindenlassen von Regimegegnern und Terroristen vorgeworfen. Schließlich hat der Kläger und seine Familie an einer weiteren Informationsveranstaltung vom 26.09.1998 in Esslingen teilgenommen. Bei dieser Veranstaltung wurde ein Flugblatt des algerischen Exilvereins verteilt. Aufgrund dieser zahlreichen gegen den algerischen Staat gerichteten Aktivitäten des Klägers Ziff. 1 ist davon auszugehen, daß er in dieser Eigenschaft und mit diesen Aktivitäten dem algerischen Geheimdienst bekannt geworden ist und deshalb bei Rückkehr mit asylerheblichen Beeinträchtigungen rechnen muß.