VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 09.06.1998 - 7 K 355/96.TR - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13784
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, Tadschiken, Haft, Folter, Frauen, Diskriminierung, Bürgerkrieg, Gebietsgewalt, Quasi-staatliche Verfolgung, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Extreme Gefahrenlage, Existenzminimum, Soziale Bindungen
Normen: AuslG § 53 Abs. 6 S. 1
Auszüge:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte.

Die Kammer ist unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung (zuletzt Urteil vom 11.11.1997 - 7 K 2209/93.TR -) mit der sie sich der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. Beschluß vom 23.7.1997 - 11 A 10570/97.OVG -) angeschlossen hatte, zu der Überzeugung gelangt, daß in Afghanistan keine zentrale, sämtliche Regionen des Landes übergreifende Staatsmacht, die in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ordnungsrechtlicher Hinsicht eine gesamtstaatliche Friedensordnung durchsetzen und erhalten könnte, besteht und weder für das gesamte Gebiet Afghanistans noch für einzelne Teile staatsähnliche Organisationen mit der erforderlichen Stabilität und Dauerhaftigkeit entstanden sind. Die Kammer findet sich nunmehr hinsichtlich der Beurteilung der Frage, daß in Afghanistan weder das Bestehen einer zentralen Staatsgewalt noch einer staatsähnlichen Herrschaftsgewalt zu bejahen ist, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (vgl. Beschluß vom 2.4.1998 - 11 A 10694/97.OVG -, mit dem die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz vom 23.7.1997 - a.a.O. - geändert worden ist).

Fehlt es aber an staatlicher bzw. quasi-staatlicher Herrschaftsgewalt, sind mögliche Verfolgungshandlungen in Afghanistan nach dem geltenden Asylrecht grundsätzlich nicht als politische Verfolgung zu beurteilen, die zur Gewährung von Asyl führen könnten.

Zugunsten der Kläger ist jedoch ein Abschiebungshindernis gem. § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG festzustellen.

Das Auswärtige Amt hat in den Lageberichten vom 30.9.1997 und 20.2.1998 für ganz Afghanistan festgestellt, daß angesichts der fortbestehenden Kriegssituation eine Rückkehr von Afghanen aus dem Ausland gegenwärtig nur möglich erscheine, wenn sie in bereits bestehende familiäre oder Stammesstrukturen führe.

Die Kläger haben glaubhaft dargelegt, daß sie nicht mehr über familiäre Kontakte in Afghanistan verfügen, weil sich ihre Familienangehörigen entweder im Ausland befinden, oder deren Verbleib ihnen unbekannt ist. Die Kläger verfügen auch nicht über landwirtschaftliche Flächen in Afghanistan, zu denen sie zurückkehren könnten. Es ist ihnen damit nach der gegenwärtigen Lage in Afghanistan nicht möglich, zumindest soviel zu erwirtschaften, daß es bei einer derzeitigen Rückkehr nach Afghanistan auch nur für ihr Überleben ausreicht.