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Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 24.11.1998 - 1 C 33.97 - asyl.net: C1371
https://www.asyl.net/rsdb/C1371
Leitsatz:

1. Der Erstattungsanspruch gemäß § 84 Abs. 1 AuslG ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

2. Zur Begründung eines Anspruchs gemäß § 84 Abs. 1 AuslG genügt eine einseitige, vom Verpflichtungsgeber unterzeichnete Willenserklärung gegenüber der Ausländerbehörde oder Auslandsvertretung (Verpflichtungserklärung).

3. Verpflichtungserklärungen müssen nicht befristet sein und sich nicht auf einen bestimmten Aufenthaltstitel beziehen. Die im Zusammenhang mit der Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind grundsätzlich im Hinblick auf den Beschluß der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 22. Mai 1992 auszulegen. Die Erklärung, den Unterhalt des Ausländers für die Zeit seines bürgerkriegsbedingten Aufenthaltes zu tragen, ist hinreichend bestimmt.

4. Gegen Ansprüche gemäß § 84 Abs. 1 AuslG kann grundsätzlich nicht eingewendet werden, Verpflichtungserklärungen zur Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge seien unter sachwidriger Ausnutzung staatlicher Übermacht abgegeben worden und überforderten die Verpflichtungsgeber unzumutbar.

5. Die Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1 AuslG erstreckt sich nur auf rechtmäßig erbrachte Aufwendungen.

6. Die nach § 84 AuslG anspruchsberechtigte Behörde hat bei atypischen Gegebenheiten nach Ermessen über die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zu entscheiden. Ein Ausnahmefall in diesem Sinn liegt bei der Aufnahme der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge in der Regel vor.

7. Zu den maßgeblichen Ermessenserwägungen. (amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: D (A), Bürgerkriegsflüchtlinge, Bosnier, Verpflichtungserklärung, Erstattungsanspruch, Auslegung, Ermessen, Verhältnismäßigkeit
Normen: AuslG § 84; AuslG § 7 Abs. 2; AuslG § 14 Abs. 1 S. 2; AuslG § 32a; AuslG § 46 Nr. 6; AuslG § 54; BGB § 138; VwVG § 1 Abs. 2; VwVG § 3 Abs. 2 Bst. a; VwVfG §§ 24 ff.; VwVfG § 56
Auszüge:

1. Der Erstattungsanspruch gemäß § 84 Abs. 1 AuslG ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

2. Zur Begründung eines Anspruchs gemäß § 84 Abs. 1 AuslG genügt eine einseitige, vom Verpflichtungsgeber unterzeichnete Willenserklärung gegenüber der Ausländerbehörde oder Auslandsvertretung (Verpflichtungserklärung).

3. Verpflichtungserklärungen müssen nicht befristet sein und sich nicht auf einen bestimmten Aufenthaltstitel beziehen. Die im Zusammenhang mit der Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind grundsätzlich im Hinblick auf den Beschluß der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 22. Mai 1992 auszulegen. Die Erklärung, den Unterhalt des Ausländers für die Zeit seines bürgerkriegsbedingten Aufenthaltes zu tragen, ist hinreichend bestimmt.

4. Gegen Ansprüche gemäß § 84 Abs. 1 AuslG kann grundsätzlich nicht eingewendet werden, Verpflichtungserklärungen zur Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge seien unter sachwidriger Ausnutzung staatlicher Übermacht abgegeben worden und überforderten die Verpflichtungsgeber unzumutbar.

5. Die Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1 AuslG erstreckt sich nur auf rechtmäßig erbrachte Aufwendungen.

6. Die nach § 84 AuslG anspruchsberechtigte Behörde hat bei atypischen Gegebenheiten nach Ermessen über die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zu entscheiden. Ein Ausnahmefall in diesem Sinn liegt bei der Aufnahme der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge in der Regel vor.

7. Zu den maßgeblichen Ermessenserwägungen. (amtliche Leitsätze)