LSG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 - L 20 B 59/06 AY - asyl.net: M10003
https://www.asyl.net/rsdb/M10003
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Sachaufklärungspflicht, Türkei, Türken, Ausbürgerung, Wehrdienst, Wiedereinbürgerung, Leistungskürzung, Vertretenmüssen, Abschiebungshindernis
Normen: SGG § 73a; ZPO § 114; AsylbLG § 1a Nr. 2
Auszüge:

Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt. Im vorliegenden Fall hält der Senat noch weitere Sachverhaltsermittlungen für erforderlich. In diesem Fall kann die Erfolgsaussicht in der Regel nicht verneint werden (vgl. hierzu Keller-Leiterer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73a Rn. 7a). Die Beteiligten streiten über die Anspruchseinschränkung des § 1a Nr. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Zwar dürfte nach der Entscheidung des Landgerichtes Essen im Verfahren 30 Ns 142/04 LG Essen vom 15.04.2005 und der genannten Entscheidung des OVG NRW kein Zweifel daran bestehen, dass die Kläger türkischer Herkunft sind. Allerdings könnte die Ausbürgerungsverfügung des Klägers vom 24.02.2003 der Anwendung des § 1a Nr. 2 AsylbLG entgegenstehen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass beim Verlust der Staatsangehörigkeit dem Betreffenden zugemutet werden kann, diese wieder zu erlangen. Ob der Kläger allerdings die mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit verbundene Nichtvollziehbarkeit der Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 1a Nr. 2 AsylbLG zu vertreten hat, wird von weiteren Ermittlungen abhängen. Es wird zur ermitteln sein, ob der Kläger zu 1. die türkische Staatsangehörigkeit tatsächlich verloren hat, weil er seinen Wehrdienst nicht abgeleistet hat, und unter welchen Voraussetzungen der türkische Staat bereit ist, ihn wieder in die türkische Staatsangehörigkeit aufzunehmen.

Hierzu ist zumindest eine Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen. Die vom Sozialgericht übernommene Erklärung der Beklagten, der Kläger hätte die Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit beantragen können, ist nicht verlässlich genug. Des Weiteren wird zu ermitteln sein, ob die Ausländerbehörde laufend bemüht war, den Aufenthalt der Kläger tatsächlich zu beenden. Aus der Leistungsakte ergeben sich hierzu keine ausreichenden Anhaltspunkte, so dass zumindest die Ausländerakte der Kläger beigezogen werden müsste.