VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 09.03.2007 - 1 K 1112/06.A - asyl.net: M10041
https://www.asyl.net/rsdb/M10041
Leitsatz:
Schlagwörter: Vietnam, Rücknahme, Flüchtlingsanerkennung, Beweislast, Widerruf
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 2; AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 AsylVfG ist die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie aufgrund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und auch aus anderen Gründen nicht getroffen werden könnte.

Ob die Feststellung auf unrichtigen Angaben oder dem Verschweigen wesentlicher Tatsachen beruht, muss feststehen. Bloße Zweifel genügen nicht. Insoweit trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 24. November 2005 - AN 15 K 05.30237 -, juris; VG Gießen, Urteil vom 16. April 1998 - 5 E 30945/97.A -, NVwZ-Beilage 10/1998, S. 101).

Entgegen der Auffassung der Beklagten bieten die Angaben der Ehefrau des Klägers anlässlich der Beantragung eines Visums bei der deutschen Botschaft in Hanoi keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, der Kläger habe die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG aufgrund unrichtiger Angaben erlangt. Dem Schreiben der Botschaft an den Landrat des Kreises Warendorf vom 9. Juni 2004 zufolge habe die Ehefrau des Klägers auf entsprechende Nachfrage angegeben, der Kläger sei nie politisch aktiv gewesen, sondern habe nur als einfacher Bauer zu Hause auf dem Feld gearbeitet; zwei Söhne habe man über Tschechien nach Deutschland geschleust.

Der Kläger hatte bei seiner Anhörung angegeben, nachts gegen Entgelt Flugblätter mit regimekritischen Inhalten verteilt zu haben. In der Anhörung wurde deutlich, dass der Kläger dieser Tätigkeit vorrangig des Entgelts wegen nachging, da er sie mit einem "Job" verglichen hat (vgl. den dritten Absatz auf Seite 8 seiner Anhörung). Die Äußerung seiner Ehefrau, er sei nie politisch aktiv gewesen, rechtfertigt vor diesem Hintergrund nicht zweifelsfrei den Schluss, der Kläger habe keine Flugblätter verteilt. Vielmehr besteht die Möglichkeit, dass seine Ehefrau seine Tätigkeit als Nebenerwerb eingeordnet hat. Da er die Flugblätter nach eigenem Vorbringen nachts verteilt hat, ergibt sich auch kein Widerspruch zu der Äußerung seiner Ehefrau, er habe als Bauer auf dem Feld gearbeitet. Denn diese Tätigkeit wird typischerweise tagsüber ausgeübt.