VG Lüneburg

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VG Lüneburg, Beschluss vom 23.04.2007 - 1 B 11/07 - asyl.net: M10066
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Leitsatz:

1. Die Qualifikationsrichtlinie stellt völlig neuartige Anforderungen an die Flüchtlingsanerkennung.

2. Für den Verfolgungsgrund der politischen Gesinnung (Art. 10 Abs. 1 e) kommt es auf eine politische Betätigung nicht an.

3. Die erforderliche Verfolgungsbetroffenheit (Art. 9 Abs. 1) kann sich - kumuliert - aus verschiedensten Willkürmaßnahmen ergeben.

 

Schlagwörter: Vietnam, Folgeantrag, Änderung der Rechtslage, Zuwanderungsgesetz, Anerkennungsrichtlinie, Änderung der Sachlage, Nachfluchtgründe, subjektive Nachfluchtgründe, exilpolitische Betätigung, Drei-Monats-Frist, Kenntnis, politische Überzeugung, Diskriminierung, Kumulierung, Oppositionelle, Regimegegner, Internet, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 71 Abs. 1; VwVfG § 51; RL 2004/83/EG Art. 10 Abs. 1 Bst. e; AsylVfG § 28 Abs. 2; GFK Art. 33; RL 2004/83/EG Art. 9 Abs. 2; RL 2004/83/EG Art. 9 Abs. 1 Bst. b
Auszüge:

1. Die Qualifikationsrichtlinie stellt völlig neuartige Anforderungen an die Flüchtlingsanerkennung.

2. Für den Verfolgungsgrund der politischen Gesinnung (Art. 10 Abs. 1 e) kommt es auf eine politische Betätigung nicht an.

3. Die erforderliche Verfolgungsbetroffenheit (Art. 9 Abs. 1) kann sich - kumuliert - aus verschiedensten Willkürmaßnahmen ergeben.

(Amtliche Leitsätze)

 

Der zulässige Antrag hat Erfolg (§ 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG, Art. 13 der Richtlinie 2004/83/EG v. 29.4.2004 / Amtsblatt der EG v. 30.9.2004, L 304/12).

1. Der Antrag, Eilrechtsschutz gem. § 123 VwGO zu gewähren, weil erst noch ein Asylfolgeverfahren (1 A 62/07) durchzuführen sei, ist bei der vorliegenden Fallgestaltung der zutreffende Antrag, da eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung nicht mehr - wie noch nach alter Rechtslage - ergangen ist (S. 7 / Pkt. 3 des angefochtenen Bescheides; vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 12.6.2003 - A 4 K 11624/03 -; VGH Mannheim, NVwZ-Beilage I 2001, S. 8).

2. Gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

3. Die rechtliche Prüfung im Folge- und Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 VwVfG hat in Anlehnung an die Vorwirkungen der Richtlinie 2005/85/EG d. Rates v. 1. Dezember 2005 grundsätzlich in Stufen zu erfolgen (h.M. der Verwaltungsrechtsprechung; vgl. auch Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Loseblattsammlung, Band 2, § 71 Rdn. 85 m.w.N.; BVerfG, InfAuslR 1993, 304; BVerwGE 39, 234; 44, 338; 77, 325; VG Lüneburg, NVwZ-RR 2004, 217). Ein schlüssiger Vortrag kann danach nur dann als unbeachtlich verworfen werden, wenn er nach jeder Betrachtungsweise völlig ungeeignet ist, zur Asylberechtigung bzw. zu einem Abschiebungsverbot zu verhelfen (BVerfG, DVBl. 1994, 38; BVerfG, InfAuslR 1993, 229/233). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

3.1 Der Antragsteller hat unstreitig neue, sich nach dem Urteil der Kammer vom 9. August 2001 ereignete Rechtsänderungen (u.a. Art. 10 Abs. 1 e der Richtlinie 2004/83/EG) und Sachänderungen einschließlich eines schärferen Umgangs des vietnamesischen Staates mit Minderheiten/"Abweichlern" - sogar deren Folter - vorgetragen. Daneben hat er auf exilpolitische Betätigungen verwiesen. Dieser Sachvortrag erscheint keineswegs ungeeignet, das schon Jahre zurückliegende Erstbegehren in einem anderen Lichte erscheinen zu lassen und so den erforderlichen "Anstoß" zu einem Folgeverfahren zu geben.

Das gilt vor allem im Hinblick auf die Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG v. 29.4.2004 (Amtsblatt der EG v. 30.9.2004, L 304/12), die seit dem 11. Oktober 2006 uneingeschränkt anzuwenden ist. Auch der Kerngehalt des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat sich erheblich verändert (Urteile der Kammer v. 15.11.2006 - 1 A 520/03 - und v. 16.8.2006 - 1 A 406/03 - m.w.N., auch Stellungnahme zum abzulehnenden Urteil des Nds. OVG v. 16.6.2006 - 9 LB 104/06 -).

Hiervon abgesehen hat auch schon § 60 Abs. 1 AufenthG das Verhältnis zur Asylanerkennung (Art. 16 a GG) tiefgreifend verändert (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, 1. Teil Kap. 5 III 3, § 60 AufenthG, Rdn. 12). Denn mit § 60 Abs. 1 AufenthG hat sich unter dem Eindruck der Richtlinie 2004/83/EG v. 30.9. 2004 (vgl. die Hinweise des BMI v. 13.10.2006) ein nachhaltiger Perspektivwechsel vollzogen, bei der die GFK mit ihrem Art. 33 zentraler Wertungsmaßstab geworden ist (vgl. dazu VG Stuttgart, Urteil v. 17.1.2005 - A 10 K 10587/04 - m.w.N.; Urteile der Kammer v. 15.11.2006 - 1 A 520/03 - ; v. 16.8.2006 - 1 A 406/03 - und v. 7.9. 2005 - 1 A 240/02 -; vgl. dazu auch Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, 1. Teil Kap. 5 III 3, § 60 AufenthG Rdn. 13). Der Rekurs der Beklagten auf § 51 Abs. 1 AuslG und das sog. "Kleine Asyl" trägt daher nicht mehr, da gem. § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG die Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 33) als zentraler Wertungsgesichtspunkt ausdrücklich "anzuwenden" ist (VG Karlsruhe, Urt. v. 10.3. 2005 - 2 K 12193/ 03 -) und die Qualifikationsrichtlinie mit ihren Maßstäben eine völlig neue Wertung abverlangt (VG Lüneburg, InfAuslR 2007, S. 176). Im deutschen Recht hat aufgrund der neuen Rechtslage eine grundsätzliche Neuausrichtung auf die neuen Wertungsmaßstäbe und die GFK zu erfolgen (vgl. dazu Beilage zum Asylmagazin 6/2006, S. 1 m.w.N. zur Rechtspr. der Verwaltungsgerichte). Die Unterscheidung von "Großem" und "Kleinen Asyl" ist überholt, da es neben einem Asylrecht (Art. 16 a Abs. 1 GG) heute um eine Flüchtlingsanerkennung iSd Qualifikationsrichtlinie mit ihren veränderten Maßstäben geht.

Soweit im Bescheid noch auf den Mangel einer "Vorprägung" im Heimatland abgestellt wird (S. 4 d. Besch.), trägt das die insgesamt ablehnende Bescheidung nicht, da es jedenfalls für die Flüchtlingsanerkennung nach § 28 Abs. 2 AsylVfG auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erstverfahrens ankommt, bis dahin also exilpolitische Aktivitäten (in Europa oder Deutschland) entfaltet werden durften. Diese sind mithin berücksichtigungsfähig. Die Tatsache, dass der Kläger seine Heimat vor langer Zeit "unverfolgt" verlassen und bis dahin keine "regimekritische Überzeugung kundgetan" hat (S. 4 d. Besch.), ist gem. § 28 AsylVfG für eine Flüchtlingsanerkennung iSv § 60 Abs. 1 AufenthG iVm GFK daher bedeutungslos. Auch später entfaltete Aktivitäten sind bis zum gen. Zeitpunkt und gem. § 28 Abs. 2 AsylVfG sogar ausnahmsweise (als Abweichen von der gesetzlichen "Regel") noch danach zu berücksichtigen - nach Abschluss des Erstverfahrens.

Auf dieser Linie liegt es, wenn es gemäß Art. 33 GFK irrelevant ist, zu welchem Zeitpunkt bedrohungsrelevante Überzeugungen (iSv subjektiven Nachfluchtgründen) gewonnen wurden: Hiernach ist entscheidend, dass bei künftiger Rückkehr in das Heimatland und für diesen Zeitpunkt eine Bedrohung gegeben ist - gleichgültig, zu welcher Zeit, aus welchen Motiven und aus welchen Gründen (subjektiv oder objektiv) die Bedrohungsgründe entstanden sind. Diese zentrale, auf die Zukunft gerichtete, die Rückkehr in den Blick nehmende Wertung des Flüchtlingsvölkerrechts bestimmt über die Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG (Erwägungsgrund 2) auch die nationalen Normen, so dass - seit dem 10. Oktober 2006 - § 28 Abs. 2 AsylVfG teleologisch entsprechend zu reduzieren ist.

Der neu angefügte Abs. 2 des § 28 AsylVfG ist im Lichte der nunmehr verbindlichen Qualifikationsrichtlinie daher weitgehend unanwendbar (vgl. Urteil der Kammer v. 24.5.2006 - 1 A 405/03 -, Asylmagazin 7-8/2006, S. 43). Denn die der Richtlinie 2004/83/EG widersprechenden nationalen Bestimmungen - hier vor allem § 28 Abs. 2 AsylVfG - sind stets insoweit von den damit befassten Gerichten unangewendet zu lassen, als sie europäischen Richtlinienbestimmungen mit ihrer weiter reichenden Bedeutung und ihrer Festlegung von Flüchtlingsstandards widersprechen.

Im Übrigen vermag § 28 Abs. 2 AsylVfG die Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG nur ausnahmsweise, nämlich dann zu sperren, wenn rein subjektive Nachfluchtgründe geltend gemacht werden (vgl. Urteil der Kammer v. 28.9.2005 - 1 A 252/02 -). Der Antragsteller hat hier aber eine Verschärfung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Verwaltungs- und Prozesspraxis in Vietnam vorgetragen, so dass eine Sperrwirkung auch nicht zum Zuge kommen kann. Denn es stellt einen objektiven (und nicht subjektiven) Nachfluchttatbestand dar, wenn sich die politische Einstellung des Heimatstaates und seine Verwaltungspraxis gegenüber einer regimekritischen Organisation verändert (so BVerwG, EZAR 206 Nr. 4; VG Schwerin v. 27.2.2004, S. 6 d. Urt.-Abdr.; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Febr. 2006, § 28 Rdn. 48.8: "Zu denken ist (an) eine Verschärfung der Verfolgungspraxis des Heimatstaates oder …"; vgl. auch Marx, Kommentar z. AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 28 Rdn. 118, 120 f.). Solche Verschärfung der Praxis in Vietnam wird von zahlreichen Beobachtern berichtet (vgl. u.a. ai-Jahresbericht 2006, S. 496 ff: "politisch Andersdenkende" verfolgt, die "Kontrolle des Internet noch weiter verschärft", "drastische Auflagen für die Durchführung öffentlicher Versammlungen" erlassen usw.; openDoors v. 5.4.2006: Niederbrennen der Häuser von Christen mit Billigung örtlicher Behörden; RadioVatikan v. 13.5.2006: Misshandlungen in Haft; spiegelonline v. 22.9.2006: Inhaftierung und anschließende Ausweisung von Menschenrechtlern).

3.2 Außerdem ist eine Handlungseinheit wie der vorgetragene Dauersachverhalt der "exilpolitischen Betätigung" mit Auswirkungen auf die politisch motivierte Reaktionsweise vietnamesischer Behörden nicht ohne weiteres der 3-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG zu unterstellen (vgl. OVG Weimar, Urteil v. 6.3.2002 - 3 KO 428/99 -; VG Gießen, NVwZ 1997, Beilage Nr. 9, S. 69 f).

Denn die bloßen Daten von Erkenntnisquellen können nicht zugleich mit der daraus beim Antragsteller gezogenen Erkenntnis bzw. Kenntnis aller maßgeblichen Tatsachen gleichgesetzt werden. Der für den Fristbeginn (§ 51 Abs. 3 VwVfG) maßgebliche Zeitpunkt der Veränderung tatsächlicher Grundlagen bzw. der Erkenntnisfortschritte hinsichtlich des Zusammenspiels exilpolitischer Betätigung in Deutschland und Bedrohungsreaktionen in Vietnam ist nicht von einzelnen Erkenntnisquellen und Betätigungen abhängig: Die Risiken exilpolitischer Betätigung schwanken und nehmen je nach politischer Grundhaltung des Verfolgerstaates zu oder ab - je nachdem, ob "hardliner" an der Macht sind oder liberalere Kräfte. In Vietnam hat es solche Veränderungen gegeben, wie zahlreiche Berichte und Stellungnahmen belegen.

4. Die Erfolgsaussichten des Antrages in der Sache sind hier unter solchen Gegebenheiten deshalb anzunehmen, weil bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG iVm der jetzt uneingeschränkt geltenden Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) nicht von der Hand zu weisen ist (vgl. dazu die Rechtsprechung der Kammer, z.B. Urteile v. 16.8.2006 - 1 A 406/03 - und v. 22.9. 2005 - 1 A 32/02 - sowie v. 28.9.2005 - 1 A 252/02).

4.1 Das gilt angesichts der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG v. 29.4. 2004 in besonderem Maße. Diese Richtlinie hat die Anforderungen an eine Substantiierung asyl- und flüchtlingsrelevanten Vorbringens, aber auch die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling (vgl. Kapitel II und III der Richtlinie) qualitativ grundlegend verändert. Das ist zu Gunsten des Antragstellers hier ohne jede Einschränkung zu berücksichtigen.

Nach der Qualifikationsrichtlinie gehört die "politische Überzeugung", die sich ein Antragsteller gebildet hat, zu den Verfolgungsgründen des Art. 10, wobei diese Überzeugung als "Meinung" bzw. "Grundhaltung" skizziert wird, also als politische Gesinnung. Ganz ausdrücklich - und damit verbindlich - soll es "unerheblich" sein, "ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist." - Art. 10 Abs. 1 e).

Wenn die Antragsgegnerin - davon abweichend - "hervorgehobene Aktivitäten" fordert, deren "Wirkung nicht nur auf das Ausland" begrenzt geblieben ist, sondern die sich auch auf das Heimatland Vietnam erstreckt haben (S. 4 unten d. angef. Besch.), so mag das älterer Rechtsprechung noch entsprechen, aber nicht mehr der heute unmittelbar geltenden Qualifikationsrichtlinie. Hiernach ist eine irgendwie geartete Betätigung des Antragstellers gerade nicht Voraussetzung einer Verfolgung.

Eine Verfolgung solcher Maßnahmen kann schon in der diskriminierenden Anwendung u.a. "polizeilicher und/oder justizieller Maßnahmen " (Art. 9 Abs. 2 b) bestehen, auch "unverhältnismäßige oder diskriminierende Straverfolgung oder Bestrafung" (Art. 9 Abs. 2 c) kann sich als Verfolgung der "falschen Meinung" bzw. Gesinnung darstellen - besonders bei "Kulmulierung untserschiedlicher Maßnahmen" (Art. 9 Abs. 1 b).

4.2 Angesichts der Verhältnisse in Vietnam kann die Gefahr einer entsprechend gravierenden Betroffenheit des Antragstellers aufgrund seiner vorgetragenen Meinung und Grundhaltung nicht von der Hand gewiesen werden.

Das politische - auch exilpolitische - Engagement ist nämlich nur ein Anknüpfungspunkt für ein hartes Durchgreifen, für staatliche Repressionen in Vietnam. Insoweit ist heute - im Jahre 2007 - zu berücksichtigen, dass sich Vietnam inzwischen "als eines der repressivsten Regime in Asien" erwiesen hat (vgl. dazu die Rechtsprechung der Kammer, u.a. Urteile v. 16.8.2006 - 1 A 406/03 - und v. 11. 5.2005 - 1 A 397 u. 398/01 - sowie Urteile v. 28.9. 2005 - 1 A 245 u. 252/02 -; so u. a. auch D. Klein in "Aus Politik und Zeitgeschehen", hrsg. v. d. Bundeszentrale für politische Bildung, B 21-22/2004, S. 5): "Vietnam erwies sich auch 2003 als eines der repressivsten Regime in Asien...; offene Gewalt auf der Straße, Telefonterror und willkürliche Verhaftungen sind an der Tagesordnung. Vietnam gehört zweifellos zu den schlimmsten Feinden der Menschenrechte und Unterdrückern der Pressefreiheit in Südostasien" (Klein, aaO., S. 5).

Weiterhin ist insoweit zu berücksichtigen, dass nach den derzeitigen Erkenntnissen (vgl. AA Lagebericht v. 28.8.2005; Lagebericht v. 31.3.2006) aktive Gegner des Sozialismus und des "Alleinherrschaftsanspruchs der KPV" - "Dissidenten" - inhaftiert oder bestraft werden können und hieran "auch das neue StGB nichts ändert" (Lagebericht, aaO.): Sie bzw. solche, die dafür nur gehalten werden, sind Repressionen "wie Telefon- und Mailüberwachung, Hausarrest...oder Aufnahme auf einer schwarzen Liste mit Namen derer, denen ein Reisepass versagt wird" ausgesetzt. Verschiedene Maßnahmen weisen darauf hin, dass "die Regierung die Schraube weiter anzieht" (!). Kritische Artikel werden aus internationalen Zeitungen entfernt, kritische Fernsehbeiträge strikt zensiert. Satelliten-TV bedarf schriftlicher staatlicher Genehmigung, die nur ausgewählten Personen und Institutionen erteilt wird (Lageberichte, aaO.).

Hierbei ist einzubeziehen, dass es auf die Zahl offiziell ausgewiesener politischer Häftlinge gar nicht ankommt (vgl. S. 5 d. Besch.). Nach der Qualifikationsrichtlinie kann auch die Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen (Art. 9 Abs. 1 b), ohne dass sie zunächst Menschenrechte verletzen, dabei aber selbstverständlich auch solcher, die bereits einen menschenrechtsverletzenden Charakter haben, in einer vorzunehmenden Gesamtschau letztlich Verfolgungscharakter haben.