OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.04.2007 - 7 A 10108/07.OVG - asyl.net: M10094
https://www.asyl.net/rsdb/M10094
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, Erwerbstätigkeit, Mitwirkungspflichten, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung
Normen: BeschVerfV § 11 S. 1; AufenthG § 4 Abs. 3; AufenthG § 42 Abs. 2 Nr. 5; AufenthG § 48 Abs. 3; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Auszüge:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Eigentlich zielt der Kläger auf die Frage ab, ob einem Ausländer dann, wenn er vorsätzlich gegen die in § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG normierte Pflicht verstößt, im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapieres mitzuwirken, und wenn infolgedessen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, gemäß § 11 Satz 1 Alternative 2 BeschVerfV die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden darf. Diese Frage wurde vom Senat aber bereits beantwortet - und zwar bejaht - und ist daher nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig (vgl. den Beschluss des Senats vom 15. März 2007 - 7 B 10213/07.OVG -).

Das Vorbringen in der Antragsbegründung hierzu rechtfertigt auch nicht etwa deren nochmalige Prüfung Frage in einem Berufungsverfahren.

Die diesbezüglich erste Annahme in der Antragsbegründung, die Versagung einer Beschäftigungserlaubnis gemäß § 11 Satz 1 Alternative 2 BeschVerfV verstoße in einem solchen Fall gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, geht schon im Ansatz fehl.

Anders als unter der Geltung des Ausländergesetzes 1990, als ausländerrechtlich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich erlaubt war und nur gemäß § 14 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 bzw. gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1990 durch Auflagen zur Aufenthaltsgenehmigung bzw. zur Duldung verboten oder eingeschränkt werden konnte, darf ein Ausländer gemäß § 4 Abs. 3 AufenthG eine Beschäftigung nur ausüben, wenn ihm dies der Aufenthaltstitel erlaubt oder wenn ihm aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit ohne den Besitz eines Aufenthaltstitels gestattet ist. Dieses unmittelbar gesetzliche (Beschäftigungs-)Verbot mit Erlaubnisvorbehalt genügt damit dem Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes, ohne dass es insoweit auf den Wortlaut des § 11 BeschVerfV oder auf dessen Auslegung ankäme. Will ein geduldeter Ausländer - wie der Antragsteller - eine Beschäftigung ausüben, so muss er gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG und § 10 BeschVerfV eine Erlaubnis beantragen und die erstrebte und benötigte Rechtskreiserweiterung gegebenenfalls mit einem Verpflichtungsbegehren erstreiten (so auch OVG NRW, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 18 B 1772/05 - InfAuslR 2006, 222 [224] m.w.N.).

Gemäß § 11 Satz 1 Alternative 2 BeschVerfV darf geduldeten Ausländern eine Beschäftigungserlaubnis nicht erteilt werden, wenn aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Hierzu zählen zunächst ohne weiteres auch die Fälle mangelnder Mitwirkung bei der Passbeschaffung, wenn deshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Ein Ausländer kann dadurch, dass er an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes nicht genügend mitwirkt, verhindern, dass für ihn ein solcher ausgestellt wird. Ist dies - wie im vorliegenden Fall - der alleinige Grund dafür, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, so hat der Ausländer diesen Grund zu vertreten.

An dieser Sichtweise ändert die Regelung in § 11 Satz 2 BeschVerfV nichts. Danach hat ein Ausländer die Gründe, aus denen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, insbesondere dann zu vertreten, wenn er das Abschiebungshindernis durch Täuschung über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit oder durch falsche Angaben herbeiführt. Mithin werden in § 11 Satz 2 BeschVerfV beispielhaft zwei Fallgestaltungen genannt, in denen es ein Ausländer "insbesondere" zu vertreten hat, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dies setzt jedoch nur die Möglichkeit des Bestehens anderer Fallgestaltungen als der beiden in § 11 Satz 2 BeschVerfV genannten voraus, in denen es ein Ausländer ebenfalls zu vertreten hat, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Annahme in der Antragsbegründung, es kämen insoweit allein Fallgestaltungen in Betracht, in denen das aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhindernde Verhalten des betreffenden Ausländers von vergleichbarem Unwertgehalt ist wie in den in beiden in § 11 Satz 2 BeschVerfV genannten Fallgestaltungen, findet somit keine Stütze im Wortlaut des § 11 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. Satz 2 BeschVerfV, aber auch nicht in deren Entstehungsgeschichte und in deren Sinn und Zweck.