OVG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.01.2007 - 2 O 312/06 - asyl.net: M10267
https://www.asyl.net/rsdb/M10267
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ausreisehindernis, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, abgelehnte Asylbewerber, Ablehnungsbescheid, Bindungswirkung, Ausländerbehörde, Krankheit, Herzerkrankung, Serbien, medizinische Versorgung, extreme Gefahrenlage
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5; AsylVfG § 42 S. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, er habe aufgrund seines angeborenen Herzfehlers einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht. Hierfür wäre erforderlich, dass die (zielstaatsbezogenen) Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG gegeben sind. Solche zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse sind hier aber nicht zu prüfen, weil das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in den (bestandskräftigen) Bescheiden vom 22.05.1997 und 25.02.2002 festgestellt hat, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Diese Entscheidung des Bundesamts entfaltet gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG Bindungswirkung für die Ausländerbehörde (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 07.09.1999 - BVerwG 1 C 6.99 -, NVwZ 2000, 204; Urt. v. 21.09.1999 - BVerwG 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206).

Schließlich liegen hier auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Insbesondere stellt die Herzerkrankung des Klägers kein von der Ausländerbehörde in eigener Zuständigkeit zu prüfendes inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis im Sinne dieser Vorschrift dar. Ein solches Ausreisehindernis besteht jedenfalls dann nicht, wenn auch eine Abschiebung nicht rechtlich unmöglich wäre (vgl. VGH BW, Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 25.01.2005 - 2 M 13/05 -; Beschl. v. 01.03.2005 - 2 M 29/05 -; Beschl. 15.09.2004 - 2 M 312/04 -) kann eine bestehende (körperliche oder psychische) Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung in zwei Fallgruppen begründen. Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, das heißt sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des "Reisens" (der Ortsveränderung vom inländischen Abreiseort zum Ankunftsort im Zielstaat) wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom konkreten Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert. Für eine solche Reiseunfähigkeit bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte.

Soweit der Kläger vorträgt, diese Nachuntersuchungen seien in seiner Heimat nicht gewährleistet, macht er zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend, auf die er sich gegenüber dem Beklagten nicht berufen kann. Liegt - wie hier - eine negative Statusfeststellung zu § 53 (Abs. 6 Satz 1) AuslG vor, ist die Ausländerbehörde - wie bereits dargelegt - an diese Feststellung gebunden. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn der Kläger im Fall seiner Ausreise gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen bzw. Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt würde (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.04.2005 - 2 M 68/05 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 02.04.2003 - 3 Bs 439/02 -, NordÖR 2003, 414, m. w. Nachw.). So liegt es hier aber nicht. Nach der vom Beklagten vorgelegten Auskunft der IOM-Verbindungsstelle bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 08.08.2006 soll eine kardiologische Kontrolluntersuchung von Kindern in Belgrad jedenfalls möglich sein; die insoweit anfallenden Kosten sowie die benötigten Medikamente würden durch die Gesundheitsversicherung abgedeckt.