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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 07.02.2007 - 1 B 286.06 - asyl.net: M10438
https://www.asyl.net/rsdb/M10438
Leitsatz:
Schlagwörter: Revisionsverfahren, Verfahrensmangel, rechtliches Gehör, mündliche Verhandlung, Gerichtsbescheid, Berufung, Darlegungserfordernis
Normen: VwGO 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 130a; VwGO 133 Abs. 3 S. 3
Auszüge:

Die auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es zu Unrecht über die Berufung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden habe.

Mit diesem Vorbringen wird der behauptete Verfahrensverstoß nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist nämlich die (erfolglose) Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Eine Partei, die von einer ihr insoweit eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann sich später nicht darauf berufen, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden (vgl. Beschluss vom 30. Januar 2003 - BVerwG 1 B 169.02 - Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 67). Der Kläger wurde mit der Anhörungsmitteilung vom 6. Juli 2006 auf die Absicht des Berufungsgerichts hingewiesen, über die Berufung nach § 130a VwGO durch Beschluss zu entscheiden. Der anwaltlich vertretene Kläger hatte insoweit Gelegenheit vorzutragen, warum seiner Auffassung nach eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht ergehen durfte. Die Beschwerde hat nicht dargelegt, ob und wie der Kläger nach der Anhörungsmitteilung dem behaupteten Anspruch auf eine mündliche Verhandlung Geltung verschafft hat.

Im Übrigen zeigt die Beschwerde auch unabhängig hiervon nicht auf, dass das Berufungsgericht § 130a VwGO fehlerhaft ausgelegt und angewendet und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat.

Der Gesetzgeber hat - wie sich aus dem Zusammenhang mit § 84 Abs. 2 VwGO erschließt - das vereinfachte Berufungsverfahren nach § 130a VwGO nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass in erster Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder dem Berufungskläger jedenfalls eröffnet war. Eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ist danach unzulässig, wenn der Klage in erster Instanz durch Gerichtsbescheid stattgegeben wurde (vgl. Urteil vom 14. März 2002 - BVerwG 1 C 15.01 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 58). Dies macht die Beschwerde indessen nicht geltend. Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Niederschrift vom 5. August 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Kläger nicht erschienen ist, wobei nach den Angaben der Beschwerde in den in Rede stehenden Fällen eine entsprechende Absprache mit dem Gericht getroffen wurde. Damit hat der Kläger auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und die damit verbundene Gelegenheit, persönlich vor Gericht vorzutragen, verzichtet (vgl. zur Zulässigkeit einer Entscheidung nach § 130a VwGO in dem - hier nicht gegebenen - Fall eines Verzichts auf mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO das erwähnte Urteil vom 14. März 2002 a.a.O. m.w.N.). Der Umstand, dass es - wie die Beschwerde darlegt - auf den Vortrag des Klägers nach der damaligen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für den Erfolg der Klage nicht ankam, ändert hieran nichts.