VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 05.06.2007 - 2 K 76/07 - asyl.net: M10576
https://www.asyl.net/rsdb/M10576
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Drittstaatenregelung, Einreise, Luftweg, Glaubwürdigkeit, Oppositionelle, Regimegegner, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AsylVfG § 26a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Iran.

Zum Zeitpunkt ihrer Ausreise war sie zur Überzeugung des Gerichts wegen ihrer politischen Überzeugung in ihrer körperlichen Unversehrtheit und ihrer persönlichen Freiheit durch den iranischen Staat bedroht.

Im Gegensatz zur Auffassung des Bundesamtes glaubt das Gericht der Klägerin, dass diese führendes Mitglied einer Gruppe regimekritisch eingestellter junger Leute war, sie deshalb ca. vier Wochen vor ihrer Ausreise festgenommen, sieben Tage lang festgehalten, mehrfach verhört und auch sexuell belästigt wurde. Die Klägerin schilderte sowohl bei ihrer Anhörung beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen übereinstimmend die gleichen Ereignisse. Auch ergeben sich aus der Art ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel in ihrer Glaubwürdigkeit.

Der Annahme, dass die Klägerin vorverfolgt aus dem Iran geflohen ist, steht auch die von ihr behauptete Ausreise über den Flughafen Mehrabad in Teheran nicht entgegen. Zwar ist eine Ausreise gesuchter Oppositioneller aus dem Iran in besonderer Weise erschwert und gilt dies insbesondere für eine Ausreise über amtliche Grenzstellen. Vorliegend ist aber zum einen zu berücksichtigen, dass die im Zeitpunkt der Ausreise bestehende latente Gefahr einer erneuten Festnahme nicht zwangsläufig auch bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt konkret nach der Klägerin gefahndet wurde. Zum anderen hat die Klägerin angegeben, mit gefälschten Papieren ausgereist zu sein, was nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen angesichts der bestehenden Kontrolldichte zwar schwierig, je nach Qualität der Fälschung in Einzelfällen jedoch möglich erscheint (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.09.2006, Nr. 1204 der Dokumentation Iran).

Im übrigen hat das Gericht - wie bereits dargelegt- nach wie vor Zweifel an der behaupteten Ausreise über den Flughafen Mehrabad, die allerdings nicht dazu führen, die Glaubhaftigkeit des sonstigen von der Klägerin anschaulich und überzeugend geschilderten Verfolgungsschicksals in Frage zu stellen.

Ausgehend davon ist nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass die Klägerin, die bereits vor ihrer Ausreise aus dem Iran wegen ihrer politischen Aktivitäten festgenommen und sieben Tage lang festgehalten worden war, nach ihrem Auslandsaufenthalt im Falle einer Rückkehr bei den dortigen Einreisekontrollen (zur Art und Weise der zu erwartenden Einreisekontrollen vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.09.2006, a.a.O.) erneut festgenommen und dabei unter Umständen auch einer unmenschlichen Behandlung unterzogen wird.