VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Gerichtsbescheid vom 22.03.2007 - W 7 K 06.248 - asyl.net: M10686
https://www.asyl.net/rsdb/M10686
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, Nebenbestimmung, räumliche Beschränkung, Ermessen, Mitwirkungspflichten
Normen: AufenthG § 61 Abs. 1 S. 2
Auszüge:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Bescheid steht bereits die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Juli 2004 (W 2 K 03.1818) entgegen, denn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 14. Juli 2005 die Berufung insoweit nicht zugelassen.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn eine Veränderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten wäre, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Dies ergibt sich vorliegend schon daraus, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 24. März 2006 (19 B 04.2259) den Verpflichtungsausspruch des Verwaltungsgerichts - soweit es den vorliegenden Streitgegenstand betrifft - bestätigt und formuliert hat:

"Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Duldung ohne Beschränkung des zulässigen Aufenthalts auf den Landkreis Bad Kissingen zu erteilen".

Abgesehen davon hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom 14. Juli 2005 (10 ZB 04.2259) ausgeführt, dass die Argumentation des Beklagten nicht ausreichend ist, dass bei "Identitätsverschleierung und Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht die räumliche Beschränkung der Duldung generell auf das Gebiet des Landkreises erfolge". Voraussetzung sei vielmehr, dass sich die Behörde mit den erforderlichen Fragen des Einzelfalles (!) auseinandersetze. Soweit im Bescheid ausgeführt wird, der Kläger habe "keine ausreichenden Gründe" für sein Begehren dargelegt, verkennt die Behörde bereits, dass es insoweit um den grundrechtsrelevanten Bereich der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geht und zudem der Gesetzgeber in § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eine grundsätzliche Entscheidung dahingehend getroffen hat, dass eine Duldung räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt wird. Soweit nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG insoweit eine Einschränkung erfolgen kann, muss diese besonders begründet werden. Dazu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 21.12.2006, 24 CS 06.2958) bereits dargelegt, dass Regelungen, die eine Duldung (vorliegend räumlich) einschränken, im Einzelfall ihre Rechtfertigung in dem Zweck des Gesetzes und in der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie finden. Sie müssen aufenthaltsrechtlich erheblichen Zwecken dienen und in diesem Sinne sachgerecht sein, also nicht im Widerspruch zum Zweck der Duldung stehen und die verfassungsrechtlichen Vorgaben wahren, was insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn sie in erster Linie Sanktionscharakter haben. Dies trifft auf den Begründungsversuch des Landratsamtes zu, wenn ausgeführt wird, es sei "nicht hinnehmbar, dass ein abgelehnter Asylbewerber, der sich noch im Bundesgebiet aufhält, weil er deutsche Behörden über seine Identität täuscht, insbesondere durch Vorlage einer gefälschten Urkunde, und deshalb nicht abgeschoben werden kann, rechtlich besser gestellt wird als ein Asylbewerber, der sich noch im Verfahren befindet". Diese Argumentation belegt eindeutig den Sanktionscharakter, den das Landratsamt der räumlichen Beschränkung der Duldung beimisst. Abgesehen davon werden Personengruppen miteinander verglichen, die von Gesetzes wegen unterschiedlich zu behandeln sind. Soweit weiter darauf abgestellt wird, der Kläger hätte die Möglichkeit, sich der Betreuung und Beratung durch die Ausländerbehörde zu entziehen und auf diese Weise weiterhin die Beschaffung von Heimreisedokumenten zu erschweren, wenn er seinen Aufenthaltsort innerhalb Bayerns frei bestimmen könne, ist dies ebenfalls ein nicht durchgreifendes Argument. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung dargelegt, dass nicht zwingend nachvollziehbar sei, warum eine Beschränkung des Aufenthalts geeignet sein sollte, die Beschaffung von Heimreisepapieren zu beschleunigen oder effektiver zu gestalten. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt im Landkreis und der Beschaffung von Dokumenten sei nicht ohne weiteres erkennbar.